Am Alpe Adria Radweg von Villach bis nach Grado legst du zwischen 60 und 100 km pro Tag zurück. Du fährst auf der alten Pontebbana Bahnstrecke und beim Vorbeifahren begleiten dich der türkisblaue Tagliamento-Fluss durch das Kanaltal. Es geht vorbei an verlassenen Bahnhofsgebäuden und durch alte Eisenbahntunnel, weiter durch die fruchtbare norditalienische Ebene bis zur quirligen Stadt Udine und schließlich nach Grado bis an die Adria. In unserem Erfahrungsbericht gibts alle Infos zu den Etappen plus nützliche Tipps zu Reisezeit, Rücktransport, Unterkunft usw.
von Gast-Heldin: Jutta Mucha-Zachar
Eigentlich beginnt der Alpe Adria Radweg (FVG1) ja schon in Salzburg und die Fahrt dauert eine Woche. Die Etappen von Villach nach Grado sind aber das Herzstück der Tour und diese Strecke könnt ihr gut an einem verlängerten Wochenende einplanen. Wenn ihr Glück mit dem Wetter habt, empfiehlt es sich, noch einen Badetag in der Lagune von Grado anzuhängen.
Was die beste Reisezeit betrifft, empfehlen den Frühling bzw. den Spätsommer oder Herbst. Da ist das Wetter gerade richtig für eine Radtour, nämlich nicht zu heiß: Ihr solltet aber für alle Fälle auch für Regenwetter gerüstet sein.
Wir buchen weder Unterkünfte noch Gepäcktransport bei einem Radreiseveranstalter, sondern organisieren alles selbst und schnallen uns das Gepäck auf den Gepäckträger. Unser Tipp: Wenn ihr den ganzen Tag am Rad sitzt, braucht ihr außer Radgewand nicht viel und je weniger ihr mithabt, desto leichter radelt es sich. Grundsätzlich geht es von Villach bis zur Grenze stetig und leicht bergauf, danach fast nur leicht bergab. Wenn ihr ein bisschen Kondition mitbringt, ist die Tour ohne E-Bike gut machbar.
Übrigens: Sehr empfehlen können wir allen Sonnenhungrigen auch die Algarve. Lest hier, was ihr bei einem 10 Tage Roadtrip durch das schönste Ende Europas alles entdecken könnt.
Es lohnt sich schon am Vortag anzureisen, noch einen Rundgang durch die Stadt Villach zu machen und am nächsten Morgen früh loszufahren. Wir nehmen uns am ersten Tag gleich zwei Etappen vor. Rund 90 km lang geht’s zuerst meist leicht 500 Höhenmeter bergauf nach Arnoldstein. Nach dem Grenzort führt der Radweg ab Tarvisio durch das wunderschöne Kanaltal auf der alten Pontebbana Bahnstrecke (deutsch: Pontafelbahn) vorbei an überwucherten, alten Bahnhofhäuschen und über alte Stahlbrücken, auf denen früher die Züge fuhren.
Zwischendurch führt der Radweg durch ehemalige Bahn-Tunnel. Finster wird es beim Durchfahren nur kurz, denn durch Bewegungsmelder geht zumeist Licht an. Zur Sicherheit solltet ihr trotzdem ein Rad Licht dabei haben. Eine besondere Kulisse ist der alte Bahnhof in Tarvisio, der nach dem Auflassen der Bahnstrecke einfach der Natur überlassen wurde, die dabei ist, ihr Terrain nach und nach zurückzuerobern. Unbedingt solltet ihr einen Stopp beim Bahnhof Chiusaforte machen, der ein beliebtes Radlerlokal beherbergt.
Immer wieder im Blick haben wir auf dieser Etappe den türkisblauen Fiume Tagliamento, der im Kontrast zu den weißen Schotterbänken am Ufer eine wahre Augenweide ist. Auch die italienische Autobahn nach Udine kreuzt über unseren Köpfen immer wieder unseren Weg. Eine wirklich spektakuläre Landschaft durchfahren wir da und kommen durch kleine Dörfer wie Tarvisio oder Pontebba, von denen Zugreisende nach Italien die Bahnstationen kennen. Unsere Wadeln freuen sich darüber, dass es nach Tarvisio überwiegend bergab geht. Da unsere Zimmerbuchung leider nicht geklappt hat und Venzone an dem Tag ausgebucht ist, fahren wir weiter nach Gemona, wo wir kurzfristig noch ein Zimmer finden.
Bevor es weiter Richtung Süden geht, wollen wir noch einmal retour nach Venzone, das wir durch die späte Quartiersuche zu schnell hinter uns gelassen haben. Die Stadt ist klein und überschaubar, die engen Gässchen lohnen es durchzuspazieren oder einen Capuccino in einer der Bars auf der Piazza Municipio zu trinken. Man sieht der Stadt nicht an, dass sie 1976 fast vollständig durch ein Erdbeben zerstört und dann nach historischen Bildern wieder aufgebaut wurde. Die schöne Altstadt wirkt als würde sie schon hunderte von Jahren so bestehen.
Nach Venzone wird die Landschaft bald eben und weit. Der Weg führt uns immer abseits von stark befahrenen Straßen durch beschauliche kleine italienische Dörfer und vorbei an Feldern. Hier gibt es immer wieder Anstiege bis wir die 100.000 Einwohner Stadt Udine erreichen. Trotz der 60km, die wir in den Beinen haben machen wir einen Rundgang durch die Altstadt. Das solltet ihr auf keinen Fall versäumen: Auf der Piazza San Giacomo im Zentrum der Altstadt reiht sich ein Lokal ans andere und das Leben pulsiert auch in den umliegenden Gassen. Ein Spaziergang auf das nahe Castello di Udine eröffnet einen Blick über die ganze Stadt. Udine ist eine Stadt, die vor allem durch ihre Lebendigkeit und ihre Atmosphäre begeistert. Für die Sehenswürdigkeiten wie das Diözesan- und Tiepolomuseum oder das Castello haben wir leider zu wenig Zeit – wir müssen unbedingt noch mal wieder kommen.
Wir starten los durch die Stadt und fahren gefühlt im Zickzack durch die norditalienische Tiefebene und durch kleine Dörfer. An vielen Hecken bei den Häusern, an denen wir vorbeifahren, blüht der Jasmin und die weißen Blüten duften herrlich und sehr intensiv. Heute führt der Radweg durch überwiegend flaches Gelände und geht leicht bergab bis nach Grado. Um es uns doch nicht ganz so leicht zu machen, bläst heute starker Ostwind, der uns an manchen Stellen fast verbläst.
Auch heute haben wir zwei Höhepunkte am Weg: Zum einen die Festungsstadt Palmanova, die einst von der Republik Venedig in ihrem streng sternförmigen Grundriss angelegt wurde und in die man nur an vier Seiten und auf einer Spur einfahren kann. Aus dem ursprünglich geplanten Ausbau zum Landstützpunkt wurde nichts, weswegen die Piazza Grande der 5.000 Einwohner-Stadt viel zu groß dimensioniert ist. Ein empfehlenswerter Platz für eine Pause, um sich entspannt einen Espresso oder eine Pizza in schönem Ambiente zu gönnen.
Beeindruckend am letzten Wegstück sind auch die römischen Spuren in der Stadt Aquileia, die wir auf der alten Verkehrsstraße Via Julia Augusta kurz vor Grado durchfahren. In der romanisch-gotischen Basilika solltest Du Dir unbedingt das beeindruckende, farbige Bodenmosaik ansehen. Mit 750 m2 ist es das größte frühchristliche Mosaik der westlichen Welt. Am 3. Tag erreichen wir unser Ziel – die Lagune von Grado. Es macht schon irgendwie stolz, in drei Tagen 220 km gefahren zu sein und dabei das Meer erreicht zu haben.
Eigentlich wollten wir ja einen Badetag in Grado anhängen. Das Wetter macht uns aber einen Strich durch die Rechnung. Und so schwingen wir uns noch einmal auf das Rad und fahren ein Stück auf dem Radweg FVG 2, der von Grado nach Triest führt. Der Weg führt die Lagune von Grado entlang in das Vogelschutzgebiet Riserva Naturale Valle Cavanata. Das Besucherzentrum in einem unscheinbaren Holzhäuschen ist leicht zu übersehen, aber umso sehenswerter. Aus dem ersten Stock hast du einen wunderbaren Blick über die Lagune. Auch Informationen darüber, welche Vögel hier zu sehen sind, gibt es dort. Wir sehen Kormorane, Graureiher und sogar Flamingos!
Zurück in Grado gönnen wir uns bei einem Strandkiosk in Grado Pineta eine leckere „Padellata cozze e vongole“, eine Art Spaghetti mit Muscheln und ein Glas italienischen Wein mit Blick auf das Meer. Ausgezeichnete Meeresfrüchte gibt es in fast allen Restaurants in Grado, aber hier direkt am Strand ist es schon ein besonderes Erlebnis und würdiger Abschluss unserer Radtour. Der Strand ist heute, wegen des kühlen Wetters menschenleer und die vielen zusammengeklappten bunten Schirme lassen ungefähr erahnen, was an sonnigen, warmen Tagen hier los sein muss. Weil heute kein Badewetter ist, gehört der Strand fast uns allein, ganz ohne Menschenmassen.
Rund um unseren Startpunkt Villach haben wir noch zwei lässige Tipps für dich. Eine Wörthersee Rundwanderung oder ihr biegt südlich von Tarvis ins traumhafte slowenische Socatal ab:
Wörthersee Rundwanderweg – in 4 Tagen um den See
Packraft-Tour auf der Soca: 7 Tipps für deinen Genusstrip
oder wie wäre es mit einer Tour durch Südspanien:
Südspanien Tour: 6 Tage, 3 Städte, Schlucht und Strand
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Alle Fotos: (c) Jutta Mucha-Zachar