Ein fünftes Mal in 31 Jahren rücken die Fantastic Four zur Rettung der Welt aus. Werden sie diesmal sowohl vom Publikum als auch von den Kritikern geliebt werden?
von Susanne Gottlieb, 24. Juli 2025
Eigentlich ist ihr Schicksal einer “Marvel First Family” unwürdig. 31 Jahre lang waren die Fantastic Four, jene Marvel-Superhelden, die Stan Lee und Jack Kirby 1961 erdachten, und die das Comicbuch-Genre nachhaltig veränderten, ein Spielball der Studiopolitik. In jener Zeit, als Marvel keine Cinematic Universe hatte, und die Rechte an seinen Figuren an sämtliche Studios verkaufte, drehte Constantin 1994 einen trashigen, nicht veröffentlichten Film, um die Rechte zu behalten. 2005 und 2007 schuf 20th Century Fox mit Jessica Alba und Chris Evans die wohl bisher bekanntesten Filme der Reihe, die kommerziell auch durchaus erfolgreich waren. Dennoch fielen sie bei den Kritikern eher als oberflächlicher Fluff durch. 2015 versank der Film von Josh Trank im finanziellen, interpersonellen und erzählerischen Chaos und dümpelt seither mit 9 Prozent auf Rotten Tomatoes vor sich hin.
Kann sich der neue Streifen einen Platz in unseren Marvel-Top10 erobern? Kann die Rückkehr der Fantastic Four in den Schoß des MCU gar einen Neustart für die Superhelden bedeuten? Zweiteres durchaus. Ein Wunderwerk sollte man sich aber nicht erwarten. Lest mehr.
Wir befinden uns auf Earth-828, nicht der MCU-Welt Earth-616. Also auf einer parallelen Ebene, auf der die Fantastic Four existieren. Und das bereits seit vier Jahren. Reed Richards (Pedro Pascal), seine Frau Sue Storm (Vanessa Kirby), ihr Bruder Johnny (Joseph Quinn) und Reeds bester Freund Ben Grimm (Ebon Moss Bachrach) waren einst Astronauten, bevor kosmische Strahlung im Weltall sie in Superhelden verwandelte. Rechtzeitig zum Jubiläum gibt es aber ganz andere besondere Neuigkeiten. Sue ist schwanger. Die Familie und die Medien sind begeistert, wenn auch besorgt. Wird das Baby mit Kräften geboren werden? Ist es “normal”?
Wer oder was es ist, wird alsbald eine Rolle spielen, als der Silver Surfer (Julia Garner) auf der Erde auftaucht und vorm baldigen Ende des Planeten warnt. Galactus (Ralph Ineson), ein Gott-ähnliches, uraltes Wesen, das Planeten frisst um seinen Energiehaushalt zu managen, sei auf dem Weg, auch die Erde zu vernichten. Die vier Superhelden fliegen natürlich sofort los, um sich Galactus zu stellen. Doch der entwickelt sofort Interesse an den vermeintlichen Kräften von Sues ungeborenen Sohn, Franklin. Die Fantastic Four müssen also nicht nur die Erde retten, sondern auch ihre eigene Familie.
Showdown der Superwesen, heutzutage dazu noch im All oder in irgendeinem Paralleluniversum – genau das will Fantastic Four eigentlich nicht. Vielmehr beschwört der Film andere Symbolik. Die vom Familienzusammenhalt, von der Macht der Gemeinschaft. Dennoch – ob nun als Hommage an die Anfänge, oder als Notwendigkeit eine Parallelwelt zu schaffen, da Earth-616 eh schon so überbevölkert ist: So ermächtigend wie die Autoren sich das vorgestellt haben, ist der Film eigentlich nicht. Diese Welt, eine Chimäre aus stylischer 60er Optik, klassischen 40er-Werten und futuristischer Technik ist erstaunlich konservativ geraten. Eine Welt, in der normative Kernfamiliendynamik das Non-Plus-Ultra ist, in der alle wie in den Kriegsjahren zusammenrücken und Opfer bringen müssen, um den Feind zu schlagen. Eine Welt, in der sich der Mensch noch als Meister des Universums sieht.
Damit muss man letztendlich leben können, um den Film wirklich genießen zu können. Weil die bereits erwähnte Optik ist es durchaus wert. Hier hat man keine Mühen gescheut, um eine faszinierende alternative Realität zu schaffen. Denn so oft man im MCU bereits durch das Multiversum gereist ist, bisher hatte es noch keinen Film gegeben, abseits des letzten Deadpool, der dauerhaft in einer anderen Welt gespielt hatte. Dieses Eye Candy reizt sich zwar nach einiger Zeit aus, aber dem Team hinter diesem Design muss durchaus großes Lob ausgesprochen werden. Vor allem in Hinblick darauf, dass einige jüngere MCU-Filme zu oft in schwammigen CGI-Welten gespielt hatten.
Dass die Fantastic Four alsbald auf Earth-616 landen, haben schon die Post-Credit-Szenen von Thunderbolts (hier unsere Kritik) verraten. Es wird den Figuren also nicht erspart bleiben, sich alsbald in einen größeren Cast in dem bereits heftigst überbevölkerten MCU einzugliedern. Daher kann man wohl dieses einfache, in sich ruhende Abenteuer erst mal genießen. Mister Tausendsassa Pedro Pascal bleibt auch dem MCU nicht fern und gibt als Reed Richards eine abgeklärtere Version des Supergenies, als es vielleicht Tony Stark war. Vanessa Kirby ist eine forderndere Sue, die ihre von den Comics so vorgegebene mütterliche Seite auch schon mal mit harter Bestimmtheit unterlegt. Joseph Quinns Johnny muss nicht immer der Frauen liebende Haudegen sein, Moss-Bachrachs Ben dankenswerterweise nicht auch noch ständig an seiner steinernen Figur leiden.
Insgesamt versucht First Steps, viele Abstriche der alten Filme nicht zu wiederholen, auch wenn die Geschichte vom Silver Surfer und Galactus 2007 schon einmal auf die Leinwand gebannt wurde. Als Zuschauer erfreut man sich der Tatsache, dass der Film erst mal für sich selber steht, auch wenn die Macher zu sehr einer vergangenen, “glorreichen” Zeit des “join the war effort” hinterher zu trauern scheinen. Fantastic Four: First Steps wirkt wie ein Film, der keinem Studio-Chaos unterworfen war, der nicht dem edgy “Aber irgendwie sind Comics ja doch peinlich”-Shtick der 2000er mehr gehorchen muss. Wer also Lust hat, den Helden nochmals eine Chance zu geben, ist hier richtig.
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Mehr InformationenFantastic Four: First Steps hat teils Probleme mit dem Ton des Films, ist aber gelungene Unterhaltung und ein guter Einstieg in das MCU.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.