Tony Stark ist tot. Aber sein Erbe lebt immer noch weiter. Nach Hawkeye und Black Widow bekommt auch er mit Ironheart einen jungen Nachfolger – die brillante Wissenschaftlerin Riri Williams. Ob die Disney+ Serie selbst die eisernsten Herzen erobert, liest du hier.
von Susanne Gottlieb, 24. 6. 2025
Er begründete 2008 das MCU, und opferte sich 2019 in Avengers: Endgame. Doch der Name Tony Stark ist nie aus dem MCU verschwunden. Ob als Hassfigur, Symbol oder einfach prägende gesellschaftliche Konstante. Ein Vorbild war er auch für die junge Riri Williams, die 2022 bereits eine wichtige Rolle in Black Panther: Wakanda Forever spielte. Dominique Thorne kehrt als die brillante Wissenschaftlerin zurück, Black Panther-Regisseur Ryan Coogler produziert. Ob die Serie, die ab 25. Juni und 2. Juli mit je drei Folgen auf Disney+ erscheint, daher ein Muss für die Fans ist? Absolut. Aus vielen Gründen.
Nachdem die brillante MIT-Studentin Riri Williams (Dominique Thorne) von ihren Abenteuern in Wakanda und Talocan zurückgekehrt ist, steht gleich das nächste Problem an. Ihre zahlreichen, nicht ungefährlichen Experimente führen dazu, dass sie von der Uni ausgeschlossen wird. Allein mit ihrem Anzug, einer Weiterentwicklung des Ironman-Anzugs, im Gepäck, kehrt sie zu ihrer Mutter nach Chicago heim. Dort möchte sie weiter an ihren Projekten arbeiten, doch nichts kommt wie es sollte. Zuerst rekreiert sie in dem Versuch, eine Helfer-KI zu schaffen genau das – doch in der Form ihrer vor ihren Augen erschossenen besten Freundin Natalie (Lyric Ross), die auch noch all ihre Erinnerungen hat. Zum anderen versucht sie der ominöse Parker Robbins (Anthony Ramos) für seine Einbrecher-Truppe zu rekrutieren. Diese erpresst regelmäßig die Superreichen, um ihnen einen Anteil an deren Elite-Projekten zu sichern.
Nun hat Riri nicht unbedingt eine verbrecherische Ader. Doch in einem hat Parker recht, zu viele Türen sind ihr verschlossen, zu viele Möglichkeiten an einschränkende Bedingungen gebunden. Wenn sie wirklich brillant sein will, kreativ wie der Milliardär Tony Stark, muss sie sich selbst finanzieren. Und wenn es sein muss, auch mittels Überfällen. Eine Hilfe dabei ist der Schwarzmarkthändler Joe (Alden Ehrenreich), zudem sich eine eigenartige Freundschaft entspinnt. Doch nicht nur dieser hat ein seltsames Geheimnis. In dem Umhang, den Parker nutzt um unsichtbar zu werden oder Dinge zu manipulieren, scheint ebenfalls eine düstere Energie zu hausen. Als ein Heist komplett in die Hose geht, werden langsam die Karten auf den Tisch gelegt.
Die beiden Black Panther funktionierten auch deshalb so gut, weil sie sich eindringlich mit Kolonialismus, Sklaverei, Imperialismus, aber auch Themen wie Trauer, Trauma, Generationenkonfliken und Feminismus beschäftigten. Dass Ryan Coogler die von Chinaka Hodge konzipierte Serie produziert, war schon vorab ein Zeichen, dass dieses Erbe wohl weiter geführt werden würde. So ist dem auch. Riri muss sich sowohl den institutionalisierten Barrieren stellen, auf die jene stoßen, die nicht Tony Starks Hautfarbe oder Bankkonto haben. Zum anderen trauert sie um den Verlust ihrer besten Freundin und ihres Stiefvaters Gary, die bei einem Überfall erschossen wurden.
Das weiße, elitäre Chicago sieht man nur in den Häusern jenen, die die Bande überfällt. Oder in Joes überkandidelter Nachbarschaft. So wie Ms. Marvel die Erfahrung einer Immigrantenfamilie aufgriff, oder The Falcon and the Winter Soldier Fragen des schwarzen Amerikas behandelte, so wird Ironheart zur Reflexion über Privileg und die Mechanismen, nach denen man funktionieren muss, um es in der Welt zu was zu bringen. Talent hin oder her. Dennoch sollte man sich hier definitv keine tragische Achterbahnfahrt der Gefühle erwarten. Ironheart ist immer noch eine Marvel-Show. Es gibt Action, es gibt Abenteuer, es gibt den so typischen Humor. Die Figuren sind keine Opfer. Sie sind Individuen, die sich ihren eigenen Weg abseits der Trampelpfade zurecht legen.
Sind wir die Sopranos oder Oceans Eleven, fragt auch Riri an einem Punkt, als sie sich nicht mehr sicher ist, warum und für wen sie das alles macht. Einbrechen, Menschen bedrohen, sogar Todesfälle und der finstere Hood lassen sie alsbald an ihrem moralischen Kompass zweifeln. Warum hat sie den Anzug gebaut, wird sie immer wieder gefragt, vor allem von Joe. Weil sie es konnte, ist die sehr George Mallory-inspirierte Antwort. Nicht alles braucht eine Erklärung oder Rechtfertigung. Doch die Frage, welchen Pfad man wählt, um seine Ziele zu erreichen, ob man seine Unterdrücker in die Mangel nimmt und selber zum Unterdrücker wird, bleibt relevant.
In ihrer kleinen Gang wirken die unterschiedlichsten Figuren aus den unterschiedlichsten Gründen mit. Sie sind auch ein weiterer Grund, warum Ironheart sich durchaus aus der Masse an dem hetero-normativen, weißen Einheitsbrei heraushebt. Während Disney wiederholt seine großen Franchises mit Queerbaiting und Girlpower vollgepackt hat, um hier ein paar Punkte auf der Diversitätsskala zu verdienen, waren die wenigsten Versuche wirklich ehrliche Charakterentwicklung. Entweder die Figuren waren kurz am Rand zu sehen, oder man hob allzu sehr den Zeigefinger. Parkers Team hat People of Colour Drag Queens, non-binäre und Trans-Charaktere. Doch das Schöne ist: Die Identitäten dienen nicht einem Diversitäts-Checkpoint. Noch werden die Identitäten je groß thematisiert oder als einzige Charaktereigenschaft ausgelegt. Sie existieren einfach, so wie es sein sollte. Abermals kann man sich nur ärgern, dass Marvel erst seine Pforten für diverse Figuren öffnet, wenn der Zenit des Franchises schon lange überschritten wirkt. Als würde es um nichts mehr gehen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenIronheart macht Spaß und verhandelt einige wichtige, gesellschaftliche Fragen und Traumata. Eine gelungene Melange aus Coming of Age und Heist, und definitiv das queerste Format von allen.
Noch mehr Toptitel zum Bingen findest du in unserem Streaming-Bereich. Dazu haben wir Vorschauen, Reviews, Bestenliste – auch zu aktuellen Kinohighlights,
20 Disney+ Serien, für die sich dein Abo lohnt
Die 10 besten Marvel-Filme gerankt
28 Years Later – Filmkritik zum Kultnachfolger
Die Netflix-Highlights Juli 2025
Aufmacherfoto: (c) Walt Disney
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.