Im vierten Teil der erfolgreichen Reihe muss Gru mit seiner Familie für eine Weile untertauchen. Das hat durchaus ein paar spaßige Momente, bietet aber insgesamt wenig Neues.
von Susanne Gottlieb, 11. 7. 2024
Als 2010 der erste Ich – Einfach unverbesserlich ins Kino kam, hatte wohl niemand mit so einem Kulthit gerechnet. Nicht nur machte die Helden-Bösewicht-Persiflage Spaß, es waren vor allem die knuddeligen, chaotischen Minions, die sofort Kultstatus erreichten. 2013 und 2017 folgten Fortsetzungen, 2015 und 2022 bekamen die Minions ihre Spinoffs. Doch noch hat der gelbe Spaß nicht ausgedient.
Ab sofort ist der vierte Teil der Reihe im Kino zu sehen (hier die weiteren Kinostarts des Monats und hier unsere Kritik zum auch schon angelaufenen Twisters). Da stellt sich doch nach fünf Filmen, einem Haufen Kurzfilmen, einer Fernsehserie, Videospielen und sogar einer Universal-Parkattraktion die Frage, hat der Hype nicht langsam ausgedient? Die Antwort: Irgendwie ja. Aber trotzdem, Spaß hat man immer noch.
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Eigentlich sollte Felonious Gru (Steve Carell) glücklich sein. Er hat seine drei Adoptivtöchter Margo, Edith und Agnes, seine Ehefrau Lucy (Kristen Wiig), seinen Sohnemann Gru jr., seine stets treu ergebenen Minions und eine erfolgreiche Karriere als ehemaliger Bösewicht und nunmehriger Agent der Anti-Villain-League. Doch dann geht ein Einsatz an seiner ehemaligen Schule, der Lycée Pas Bon, schief. Eigentlich hätte er seinen alten Schulfeind Maxime Le Mal (Will Ferrell) dingfest machen sollen. Doch der hat sich inzwischen in ein Mensch-Kakerlaken-Hybrid verwandelt und kann aus dem Gefängnis entkommen.
Da er es nun auf Gru und seine Familie abgesehen hat, steckt sie der wieder eingestellte Direktor der Anti-Villain-League, Silas (Steve Coogan), ins Zeugenschutzprogramm. In ihrem neuen Zuhause haben die Grus zunächst nicht nur Anpassungsschwierigkeiten. Auch mit den Nachbarn ist es nicht so einfach. Die Tochter des hochnäsigen Paares Perry und Patsy Prescott (Stephen Colbert und Chloe Fineman), Poppy (Joey King), weiß, wer Gru wirklich ist. Sie möchte seine Hilfe, in seiner alten Schule einzubrechen. Und während die Minions von Silas einen Sonderauftrag bekommen, ist auch Maxime längst auf der Suche nach seinem alten Widersacher.
Das klingt nach ganz schön viel Film. Und das ist es letztendlich auch. Aber nicht die Sorte zu viel, wo man sich begeistert überstimulieren lässt, nur um nachher erst mal die Fäden der Handlung im Kopf zu entwirren. Denn Ich – Einfach Unverbesserlich 4 ist beizeiten einfach: Banal. Es tut weh, es zu sagen, aber so wirklich frisch und witzig ist die Reihe einfach nicht mehr. Prinzipiell spricht nichts dagegen eine fortlaufende Agenten-Reihe mit immer neuen Bösewichten zu haben. James Bond hat es vorgemacht. Doch die Ich – Einfach Unverbesserlich-Filme leben von ihrem anarchischen Humor, ihren gezielten Seitenhieben auf das Genre.
Dass Silas einen Teil der Minions in Superhelden verwandelt, von den Kräften her quasi ein Querschnitt der Fantastic Four und der X-Men von Marvel, ist im Jahr 2024 nur mehr mäßig aktuell. Dass ein Minion wie Tobey Maguire in Spider-Man versucht eine U-Bahn zu stoppen ein lustiger Grinser für die älteren Semester. Aber in einer langen Farce an “Die unangepassten Grus müssen auf Vorstadtspießer machen”, sind das noch die witzigeren Momente.
Ein Gutteil des Films ist letztendlich belangloses Dahinplätschern von sozialen Fettnäpfchen, Country Clubs, herrischen Senseis in der Dojo der Mädchen, Autokarawanen vor der High School oder schlecht einstudierten Alibis, die schon mal im neuen Job zu Unfällen führen. Fast wirkt es, als hätten die Macher hier eine ganze Liste an über die Jahre angehäufter Vorstadt-Gags abgearbeitet, ohne dass diese wirklich einem konkreten Plot dienen.
Auch Poppy, die im Vorhinein als große Bedrohung für Grus Cover angeteasert wurde, bleibt als Figur etwas blass. Der Einbruch in der Schule, die nicht von ungefähr an Hogwarts erinnert, macht Spaß. Aber er wirkt eher wie eine TV-Episode, die sich aus Versehen in den Film verirrt hat. Will Ferrell hingegen weidet seinen mit französischen Akzent sprechenden Maxime genüsslich aus. Es wundert geradezu, dass er erst im vierten Teil gebeten wurde, eine Sprechrolle zu übernehmen. Die Reibungen mit Gru, sowie der Ursprung ihrer Feindschaft sind der größte Funke, der hier auf der Leinwand überspringt. Der Rest bleibt hinter den Erwartungen zurück.
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Mehr InformationenIch – Einfach Unverbesserlich 4 hat zwar einige amüsante Momente, doch so wirklich frisch und unterhaltsam kommt der vierte Einsatz der Grus nicht mehr über die Bühne.
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Alle Fotos: © Universal Pictures
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.