Die Na’vi auf dem Planeten Pandora bekommen keine Pause. Auch in James Camerons drittem Streich müssen sie gegen die menschlichen Kolonisten rebellieren. Warum Avatar: Fire and Ash trotz der abermals überragende Optik nicht ganz überzeugen kann.
von Susanne Gottlieb, 16. 12. 2025
2009 kam der erste Film in die Kinos und brach Zuschauerrekorde und verdammte den modernen Kinogeher zu jahrelangem 3D-Brillen-Zwang. seit 2022 ist es zu einem regelrechten Franchise ausgewachsen: Avatar, der Kampf der blauen Na’vi vom fernen Mond Pandora gegen die menschlichen Eindringlinge, die ihre Ressourcen stehlen wollen.
Nun hat James Cameron den dritten Teil der Reihe geliefert. Hatten schon die ersten beiden Filme weniger durch originellen Plot als durch bahnbrechende Technik begeistert, so ist der dritte Film noch einmal eine Draufgabe an Plot-Wiederholung und Überlänge. Aber optisch nach wie vor ein Augenschmaus (eine Übersicht der aktuellsten Kinohighlights findest du immer hier).

Man könnte von einem Déja-vu sprechen: Gerade erst hatten die Na’vi rund um Jake Sully in Avatar: Way of the Water (hier unsere Review) erneut die fiesen Menschen besiegt, da versuchen die abermals die Na’vi dingfest zu machen, und deren Ressourcen zu stehlen. Darunter die magische Galle der wal-artigen Tulkun, sowie so ziemlich alle Mineralien, die sie in den Wäldern finden können. Der ehemalige Quaritch (Stephen Lang) hat zudem noch eine Rechnung mit dem ehemals Mensch-nun Na’vi Jake Sully (Sam Worthington) offen, den er für die erfolgreichen Rebellionen veranwortlich macht.
Jake und seine Familie haben neben den anhaltenden Angriffen aber auch noch weitere Sorgen. Spider (Jack Champion), Quaritch Sohn aus seinem menschlichen Leben, der bei Jake und seiner Frau Neytiri (Zoe Saldaña) aufwuchs, bekommt langsam Probleme mit seinen Atemmasken. Da ihn die Luft in Pandora töten könnte, will ihn die Familie zu einer menschlichen Basis bringen. Unterwegs werden sie aber von einem anderen Na’vi-Stamm angegriffen. Die Ash People, unter der Führung der eiskalten Varang (Oona Chaplin) möchten andere Na’vi-Völker unterjochen. Nun gibt es also nicht nur Konflikte mit den Menschen, sondern auch die Na’vi beginnen sich untereinander zu bekriegen.

Kann Pandora noch ein drittes Mal begeistern? Visuell und weltenbildend ja. Mit den wahrscheinlich sehr hohen Einspielergebnissen, die man sich erwarten kann, wird es auch noch ein viertes und fünftes Mal nach Pandora gehen. Doch erzählerisch scheint Cameron inzwischen an der Wand zu stehen. Wie oft kann man die Fabel der technologisch unterlegenen Natives, die sich gegen ihre kolonialen Besatzer wehren, noch erzählen? Tatsächlich wirkt der dritte Teil wie ein gehetztes Best of der zwei vorangegangenen Filme. Hier ein Kampf mit tierischer Unterstützung, dort Konflikte zwischen den Na’vi-Fraktionen, da ein weiterer Mensch, der der Kolonial-Mission abtrünnig wird.
Doch das wäre gar nicht das Hauptproblem dieses Films. Vielmehr versucht Cameron zu viele Fäden auf einmal zu jonglieren. Beizeiten fühlt sich die Handlung an wie die aneinander getackerten Folgen einer Fernsehserie mit Cliffhangern. Auch bekommen die Figuren nicht mehr die nötige Liebe und Aufmerksamkeit, ihre Handlungsbögen wirken zerstückelt. So verschwinden manche, wie etwa Sigourney Weavers übernatürlich gesegnete Kiri, über weite Strecken der Handlung, nur um viel später aus dem Nichts wieder aufzutauchen. Es werden zu viele Konflikte angerissen und dann etwas schnell abgehandelt. Man merkt, dass Cameron im Fall der Fälle mit Avatar schon ein funktionierendes Franchise-Ende haben wollte. Aber deswegen muss man ja nicht hudeln.

Generell stellt sich die Frage, ob Avatar auch nach dem vierten und fünften Film wirklich ein kulturelles Erbe hinterlassen wird. Die Technik ist brillant, keine Frage. Die Liebe zum Detail ist ein Grund zum Schämen für alle anderen modernen Franchises, die wenig durchdachte Masenware mit fahler Beleuchtung und schwammig-dunklen animierten Hintergründen auf den Markt spülen. Visuelle Effekte können großartig sein – wenn man ihnen die nötige Planung und Konzeptionierung gibt. Doch das Faktum bleibt: Der Film hat zu wenige Ecken und Kanten, um wirklich hängen zu bleiben.
Doch wie bereits erwähnt, wer liebevoll durchdachte Fantasy-Welten mag und diesen Fix nicht durch stundenlanges Stampfen durch Skyrim oder ähnliche Videospiele bekommt, wird auch hier wieder voll auf seine Kosten kommen. Cameron versteht es noch immer zu unterhalten. Wer weiß, ob er überhaupt noch so ausgeklügelte Ideen hätte wie in den 80ern und 90ern, um mit etwas anderem vom Hocker zu hauen. Doch so lange sein Altersprojekt Avatar heißt und nicht Megalopolis wie bei einem Francis Ford Coppola, kann man den Altmeister durchaus noch auf seinen Reisen begleiten.
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Mehr InformationenAvatar: Fire and Ash fühlt sich an wie ein Wiedergänger in einem bereits sehr auf althergebrachten Handlungsthemen beruhenden Franchise. Doch wer Pandora mag und von den digitalen Effekten umgehauen werden will, der ist hier genau richtig.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.