Das Sony Spider-Man-Universum dreht sich weiter. Zu Venom und Morbius stößt nun auch Madame Web. Das macht beizeiten Spaß. Ist aber genauso löchrig in der Qualität wie die Vorgänger.
von Susanne Gottlieb
14. Februar 2024: Einst, als Andrew Garfield sich noch als Spider-Man über den Bildschirm schwang, plante Sony ein großes Universum voller Nebenfiguren und Widersacher im Spidey-Universum. Mit dem Scheitern von The Amazing Spider-Man 2 bei der Kritik und finanziell, wurde dieser Plan erst einmal zur Seite gelegt. Nun, nachdem Tom Holland seit 2016 als Spider-Man im Marvel Cinematic Universe mitmischt, und seine Filme alle kritische und kommerzielle Erfolge waren, wurde bei Sony, das noch immer die Recht an der Figur hält, fleißig an einem eigenen Spider-Man-Universum gefeilt.
Venom und Morbius durften bereits ihre eigenen Abenteuer bestehen. Nun folgt ihnen mit Madame Web erstmals eine weibliche Heldin. Ob sich das inhaltlich lohnt, das erfahrt ihr hier.
Die Rettungssanitäterin Cassandra “Cassie” Webb (Dakota Johnson) wuchs als Waise in New York auf. Ihre Mutter wurde einst auf einer Forschungsreise, bei der sie Spinnen erforschte, ermordet. Was Cassie aber nicht weiß ist, dass diese Spinnen besondere Fähigkeiten verleihen. Wer mit ihrem Gift in Kontakt kommt, entwickelt übernatürliche Fähigkeiten. Etwas, das auch der Forschungspartner ihrer Mutter, Ezekiel Sims (Tahar Rahim) wollte. Doch als er eine der Spinnen stahl, zog er einen Fluch auf sich, der ihn in seinen Träumen immer wieder seinen Tod durch die Hand dreier junger Spinnenheldinnen vorhersagt.
Cassie selber kam auch mit den Spinnen in Berührung. Ihre Gabe ist aber keine übernatürliche Schnelligkeit, an den Wänden wandeln oder Spinnenweben. Bei einem Rettungsunfall aktiviert sich bei ihr die Gabe der Vorhersehung. Sie erkennt, welche drei Mädchen, Julia Cornwall (Syndney Sweeney), Mattie Franklin (Celeste O’Connor) und Anya Corazon (Isabela Merced) Ezekiel verfolgt, und schwingt sich zu ihrer Beschützerin auf. Doch um die Mädchen, die noch keine Kräfte haben, schützen zu können und um ihr volles Potenzial zu entfalten, muss sie erst einmal zu sich selbst finden.
Eins muss gleich gesagt sein. Ganz so wirr wie Venom und Morbius ist der Film nicht. Aber in den besten Momenten auch nur halb so campy und unfreiwillig komisch. Vielmehr ist Madame Web “more of the same”, eine Comicbuch-Adaption, die so sehr in die Origin Story eintaucht, dass die Figur wieder mal nichts mit der Figur aus den Comics zu tun hat. Die Madame Web bei Marvel ist eine weise, ältere, blinde, querschnittsgelähmte Frau. Hier ist sie Mitte 30, unzugänglich und gerade erst dabei, sich selber zu finden.
Das ist an sich nicht die Tragik. Aber auch im weiteren Umfeld werden hier Figuren angeschnitten, Handlungsebenen geteased, die nur die größten Spidey-Fans wirklich verstehen können, und die daher etwas verschwendet wirken. Die drei Mädchen werden im Laufe des Films nicht selber zu den Spider-Women. Geschenkt, das muss auch noch nicht sein. Aber ein wenig mehr als nur Frau in Nöten wäre trotzdem nicht schlecht gewesen. Peter Parkers Mutter Mary Parker (Emma Stone) und sein Onkel Ben (Adam Scott) kommen ebenfalls in Nebenrollen vor. Doch wirklich mitbekommen, wer sie sind, wird vielleicht nicht jeder.
Was zum nächsten Problem des Unterfangens führt. Dadurch, dass hier so viele Figuren des Peter-Parker-Universums angeteast oder Referenzen auf das größere Universum verpackt werden, wirkt der Film etwas unfertig. Personen werden angesprochen, Dinge suggeriert, die dann nie zur Vollendung kommen und den Film so wirken lassen, als hätte man im Stress vorne und hinten eine halbe Stunde herausgeschnitten. Und das bei zwei Stunden Laufzeit. Auch Cassies Selbstfindungssequenz wirkt schnell abgestrampelt, die Interaktionen zwischen ihrer Mutter und Ezekiel klischeehaft.
Man muss dazu sagen, dass die Drehbuchautoren Matt Sazama und Burk Sharpless bisher nicht gerade für Qualität gestanden sind. Auf ihre Kappe gehen Filme wie Dracula Untold, Gods of Egypt oder Morbius. Madame Web war wohl der Versuch, eine weniger dramatisch-düstere Schiene zu fahren. Johnson gibt alles und ist grundsätzlich einer der Gründe, warum der Film beizeiten auch funktioniert. Es wirkt, als würde sie geradezu mit den absurderen Momenten spielen. Doch als Gesamtpaket hat der Film zu viele Schwächen, zu viele Lücken und zu viele generische Sequenzen, um zu begeistern. Die Dynamik zwischen den vier Frauen passt. Den Rest kann man vergessen.
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Mehr InformationenMadame Web hat einige spannende, unterhaltsame Momente und eine tolle Hauptdarstellerin. Der Rest ist jedoch verwirrend, schlampig geschriebene Comic-Massenware, die nicht begeistern kann.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.