Was wenn König Arthur ein Kind wäre? In Wenn du König wärst verlegt Regisseur Joe Cornish die alte Sage in das London von heute. Statt in Camelot werden Monster am Schulhof bekämpft. Damit hebt sich die Adaption eindeutig von vergangenen Versuchen ab, König Arthur wieder auf die Leinwand zu hieven. Lest hier, ob sich der Film auch inhaltlich lohnt.
18. April 2019: Arthur, sein Schwert Excalibur, der mystische Zauberer Merlin, die edlen Ritter der Tafelrunde, die böse Hexe Morgana – man kennt sie alle. Ob aus Erzählungen oder von ihren Abenteuern auf der Leinwand. Ähnlich wie bei Robin Hood wird jeder Kinogeneration eine neue Interpretation des Stoffes geboten. Die letzte erfolgreiche Adaption stammt aber noch aus den 80ern, John Boormans Excalibur mit Liam Neeson, Patrick Stewart und Helen Mirren. In den USA ist diese Kinderadaption wie jüngere Beispiele ebenfalls gefloppt, wenn auch zu Unrecht. Der Film ist charmant und bietet jungen Zuschauern eine wunderbare Botschaft.
Gerade hatte er in Österreich seinen Kinostart. Lest hier, warum sich der Kinobesuch auf jeden Fall lohnt.
Alexander Elliot (Andy Serkis Sohn Louis Ashbourne Serkis) ist ein 12-jähriger Junge der es nicht leicht im Leben hat. Gemeinsam mit seinem besten Freund Bedders (Dean Chaumoo) muss er sich gegen die Schulhof Bullies Lance (Tom Taylor) und Kaye (Rhianna Dorris) behaupten, daheim streitet er sich mit seiner Mutter über das mysteriöse Verschwinden seines Vaters. Eines Abends, als er von Lance und Kaye auf eine verlassene Baustelle verfolgt wird, entdeckt er in einer der Betonsäulen ein Schwert. Er zieht es heraus, löst damit jedoch unmittelbar den Countdown für eine letzte Konfrontation mit der einst vom historischen Arthur verbannte Magierin Morgana (Rebecca Ferguson) aus.
Alex ist aber nicht allein. Eilig beruft er seine Tafelrunde aus Bedders und zwangsweise aus seinen Widersachern Lance und Kaye ein. Und dann ist da auch noch der Zauberer Merlin (Angus Imrie), der als schlaksiger Junge in die Welt zurückgekehrt ist. Zusammen müssen sie ihre Differenzen überwinden, ihre innere Stärke finden und es mit Morgana aufnehmen.
Man kann dem Genre durchaus eine gewisse Artus-Ermüdung unterstellen. 2017 erst kam Guy Ritchies missglückter Versuch in die Kinos. Aktuell versucht auch Hellboy (hier unsere Kritik) die Saga möglichst auf Pathos auszupressen. Ungleich dieser „gritty origin stories“ und dem kreativen Bankrott, Arthur als Aufhänger zahlreicher Actionfilme einzubauen, ist Wenn du König wärst der erste Film seit langem, der etwas Neues bietet.
Wenn du König wärst beschwört den Geist von Filmen wie Die Goonies herauf. Er ist es vor allem ein Streifen über eine Gruppe Kinder, die lernen müssen, die beste Version von sich selbst zu sein und ihren Platz in der Welt zu finden. Der Film versucht somit nicht Artus neu zu erklären, er nutzt ihn als Backdrop für ein Coming-of-Age-Abenteuer.
Diese Entwicklung zeigt sich am Besten im Protagonisten selbst. Bedders muss vielleicht lernen weniger ein Mitläufer zu sein und die beiden Bullies Lance und Kaye sich mehr um andere zu kümmern. Alex hingegen kämpft mit sich und seinem Platz in der Welt, dem fehlenden Vater und der Ernüchterung, dass er die Welt nicht verändern kann. Genau das, zeigt ihm sein Abenteuer, stimmt aber nicht. Kinder sind die Zukunft, sagt der Film, sie verändern die Welt durch ihre guten Taten. Das ist eine wichtige Botschaft und so verzeiht man den Film, dass er seine „Die Menschheit ist im Streit. Noch nie war die Weltsituation so unstabil wie heute!“ Exposition etwas zu genüsslich ausweidet.
Doch er legt es nicht nur auf die präpubertäre Existenzangst an. Er bedient sich der besten Elemente des Kinder- und Fantasiegenres. Jugendliche, die wie in Herr der Ringe vor berittenen Monstern im Wald flüchten wechseln sich mit einer mit Fallen verbarrikadierten Schule im Stil von Kevin allein zu Haus ab. Der Schulhof ist letztendlich immer noch das härteste Pflaster.
Viele vergleichbare Filme leiden darunter, dass sie hölzerne Jungdarsteller ins Zentrum rücken. Das ist selbstverständlich selten die Schuld der Kinder, da ihnen oft die Erfahrung ihrer erwachsenen Co-Stars fehlt. Umso mehr ist es bei Wenn du König wärst eine Freude zu sehen, dass Serkis junior die emotionale Tiefe und das charmante Auftreten mitbringt, um den Film zusammenzuhalten. Der wahre Star ist aber nicht er, sondern Merlin-Darsteller Angus Imrie, ebenfalls ein Schauspiel-Nachkomme (seine Mutter ist die erfolgreiche britische Schauspielerin Celia Imrie).
Imrie schafft es mit seiner ungelenken Art seines hochgeschossenen Körpers, seinen groß aufgerissenen Augen, seiner charmant-altmodischen Sprechweise und Led Zeppelin Shirt eine komplett neue Interpretation der Figur zu schaffen. Dabei behauptet er es auch sich gegen Schauspiellegende Patrick Stewart, der die Rolle sporadisch dann übernimmt, wenn Merlin mal ein alter Mann sein muss. Der Film ist vielleicht noch nicht der nötige Durchbruch, deutet aber auf eine spannende Karriere für den jungen Mann hin.
Wenn du König wärst ist charmante, kurzweilige Unterhaltung, die der Artus-Legende den lang erhofften frischen Wind bringt. Dieser gelungene Jugendfilm befreit sie aus den Fesseln ihrer düsteren Reboot-Schiene. Letztendlich wollen wir doch alle irgendwie einmal König sein. (sg)
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Alle Fotos: © 20th Century Fox
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.