Er will nur mit seiner Familie in den Urlaub, Erinnerungen schaffen. Doch für Bob Odenkirk wird selbst der touristische Wasserpark zur Auflage, so richtig mit fiesen Typen abzurechnen.
von Susanne Gottlieb, 21. 8. 2025
Inmitten von COVID-19 und zugesperrten Kinos war es 2021 ein Überraschungshit: Nobody mit Bob Odenkirk als Familienmensch Hutch Mansell, der eigentlich ein tödlicher Auftragskiller ist – ikonisch, die Buszene. Hier unsere Kritik zu Teil 1. Klar, dass irgendwann die Fortsetzung folgen würde. Es mag zwar vier Jahre gedauert haben, aber der Schmäh, die schnelle Faust und die schrägen Bösewichte sind zurück. Warum auch Nobody 2 unbedingt einen Kinobesuch wert ist, das lest ihr hier.
Hutch Mansell (Bob Odenkirk) mag wie der durchschnittliche Familienmann aussehen. Aber in Wirklichkeit ist er ein gefährlicher Killer, der einst für große Spionageagenturen gearbeitet hat. Sein Rückzug in den Ruhestand hat auch nur bedingt funktioniert. Im ersten Film hat sein Clinch mit russischen Gangstern eine Spur der Verwüstung hinterlassen.
Weil er dabei auch viel Geld dieser Kartelle verbrannte, ist er nun seinen ehemaligen Auftraggebern in der Regierung einiges schuldig, da diese ihn aus den Schulden herausgekauft haben. Doch die ständigen Jobs, die er nun übernehmen muss, um sie zurückzuzahlen, gehen an die Substanz seiner Ehe. Er sieht Frau Becca (Connie Nielsen) und die Kinder Brady (Gage Munroe) und Sammy (Paisley Cadorath) kaum noch, braucht eine Pause.
Diese nimmt er sich auch, auch wenn seine Kontaktperson, der Barber (Colin Salmon) meint, Verbrechen folge ihm doch sowieso auf Schritt und Tritt. Da hat dieser nicht ganz Unrecht. Hutch packt die ganze Familie inklusive seinem Vater David (Christopher Lloyd) ins Auto, und fährt in den bereits heruntergekommenen Wasserpark Plummersville, wohin letzterer ihn und seinen Bruder Harry (RZA) einst zum Urlaub brachte. Doch entspannen ist nicht drinnen. Der Park steht unter der Fuchtel der fiesen Lendina (Sharon Stone). Dessen Betreiber Wyatt (John Ortiz), hat so wie Hutch, ebenfalls Schulden, die er abarbeiten muss. Und Lendinas Handlangern, unter anderem den Sheriff Abel (Colin Hanks), ist der schlagsichere Hutch in der Stadt natürlich ein Dorn im Auge. Hutch möchte zunächst auch gar nicht mitmischen. Doch dann stören sie ihm beim “Erinnerungen sammeln” und er legt sich mit den Fieslingen an.
Auch der zweite Film bleibt dem Prinzip treu: All die Action-Klischees, die wir bereits kennen, luftig-neu verpackt und mit viel Augenzwinkern auf die Spitze getrieben. Der Familienvater mit der Auftragskiller-Altlast ist hier kein dramatischer Aufhänger für existenzielle Krisen, Familienkonflikte oder hochtrabende Analysen von Familientraumata. Er ist einfach ein ausgebrannter, schwerer Arbeiter, der ein wenig Pause braucht und merkt, dass ihn, wie die meisten, die Arbeit bis in den Urlaub verfolgt. Wer kann sich damit nicht identifizieren. Vielmehr sind die Szenen zwischen Hutch und seinen aus dem ersten Film ebenfalls zurückgekehrten Bruder Harry und Vater David einige der versöhnlichsten, optimistischsten Momente im ganzen Film.
Dass Hutch an einen Ort seiner eigenen Kindheit zurückkehrt, und dieser nicht mehr ganz so charmant, groß oder unterhaltsam ist, und hier sogar noch Gangster hausen, spielt zudem süffisant mit der Tatsache, dass uns unsere ältesten Erinnerungen immer etwas in rosa Watte verpackt erscheinen. Doch “Erinnerungen zu sammeln” ist nicht rein auf eine junge Phase des Lebens beschränkt. Der Idealismus und die Naivität von einst mag Schall und Rauch sein. Vielmehr zeigt der Film, dass die Chance, Momente bewusst zu erleben und mit seinen Liebsten enger zusammen zu rücken, nie vorbei ist. Hutchs Lebensstil und seine Arbeit mögen fordernd und wenig förderlich fürs Familienleben sein. Aber, so Nobody 2, wenn es darauf ankommt, hält die Familie eisern zusammen. Einfache Lösungen sucht der Film nicht.
Das bringt uns zur Gegenseite im Film. Colin Hanks, sonst eher bekannt für den netten Typen von nebenan, gibt mit voller Inbrunst den korrupten, arroganten Sheriff. Doch es ist die fast schon überzogene Darbietung von Sharon Stone, die den Film nochmals so richtig aus den Angeln hebt. Stone spielt groß auf, drückt auf die Kitschtube und gibt den ultimativen, durchgeknallten Bösewicht, der neben dem Erfolg des Business einfach gerne die Welt brennen sieht. Beizeiten mag man vielleicht das Gefühl haben, es ist selbst für das Universum von Nobody zu viel. Aber die Filme waren nie sonderlich interessiert daran, einen großen Komplott von Welteroberung, Cyber-Warfare und sonstigem Schnickschnack aufzubauen. Hier sind die Gangster ein Problem, weil sie Arschlöcher sind. Und ein solches gibt Stone, inklusive Tänzchen, Schoßhündchen und einem Schuss Exzentrik.
Auch sonst gibt es für Fans wieder einige bekannte Elemente des Vorgängers, wie etwa Kampfszenen in Fortbewegungsmittel oder riesige Mengen brennendes Geld. Doch Nobody 2 ist nicht einfach eine konservative Kopie des Erfolgsrezepts des ersten Films. Er macht stets sein eigenes Ding und unterhält dabei hervorragend. Auch wenn er zu Beginn etwas braucht, um wirklich zur Haupthandlung im Wasserpark zu gelangen. Aber jegliche Längen werden schließlich von Action im Minutentakt wieder wett gemacht.
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Mehr InformationenEin bisschen Action, ein bisschen Thriller, aber sehr viel “Hackler auf Urlaub mit Frust” – Nobody 2 macht erneut jede Menge Spaß und begeistert auch mit einer überschaubaren Laufzeit von 89 Minuten.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.