Rust Cohle raucht so schön, wie Dale Cooper Kaffee trinkt. Warum sich die Zeit zur heißersehnten Fortsetzung von Twin Peaks gut mit True Detective überbrücken lässt.
Düster, mysteriös, melancholisch. Der Soundtrack der Kultserie Twin Peaks hat sich wie kaum ein anderer in mir eingebrannt. Heute wurde er neu aufgelegt und erhöht für mich die Vorfreude auf das fantastischste Seriencomeback aller Zeiten.
Er versetzt mich zurück in den Herbst 1991. Damals strahlte der ORF Twin Peaks aus. Gott sei Dank hatten wir einen Videorekorder. Meine Schwester und ich verpassten keine Folge. Okay, ich war da erst ein Teenie, hab von der komplexen Handlung nicht alle Feinheiten mitbekommen.
Twin Peaks: Der Kult ist zurück
Trotzdem hat mich schon als kleiner Bursche dieses TV-Kunstwerk von David Lynch in den Bann gezogen. Die düstere Atmosphäre, die einzigartigen, schrägen Charaktere, die mysthischen Bilder und die fantastische Musik. Wir hatten den Soundtrack als LP daheim. Die Rückseite war voll mit Passfotos aller Schauspieler und das waren verdammt viele.
Lange ist es her. Umso größer war die Freude zu hören, dass das Rätsel um Laura Palmer 2017 ein Comeback feiern soll. Wie sehr diese Serie ihrer Zeit voraus war, beweist der Umstand, dass es verdammt lange gedauert hat, bis man etwas ähnlich Gutes über den Bildschirm flimmern sah. Nein, eigentlich gab es bis heute nur sehr wenig Vergleichbares.
Eine der jüngeren Perlen, die mir die Zeit bis zum Twin-Peaks-Start verkürzt ist True Detective. Die hohe Qualität lässt sich damals wie heute schon an den fantastischen Intros erkennen.
True Detective: Morbider Hinterwäldler-Charme
Besonders stark: Staffel 1. Matthew McConaughey und Woody Harrelson sind dabei einem ritual-mordenden Serienkiller in Louisiana auf der Spur. Abgenützte alte Straßen, die sich durch das Sumpfland schlängeln, uralte Zypressen, heruntergekommene Wellblechhäuser – alles verbreitet einen genial morbiden Hinterwäldler-Charme. Eine Industrieanlage, Wälder, eine Kleinstadt, ein hochintelligenter und ein einfach gestrickter Ermittler – Parallelen zu Twin Peaks sind nicht nur im stylischen Vorspann reichlich vorhanden.
McConaughey und Harrelson in Höchstform
Herzstück ist aber die schwierige Beziehung zwischen den beiden Hauptcharakteren, die einem trotz ihrer Fehler und ihrer sehr schroffen Art immer mehr ans Herz wachsen. Ausgangspunkt der Geschichte ist das Jahr 1995, erzählt wird sie von den beiden Cops selbst, die von ihren Ermittler-Nachfolgern 2012 verhört werden. Grenzgenial McConaughey als Rust Cohle, der seit 1995 optisch um ein halbes Jahrhundert gealtert scheint. Keiner hat jemals so cool geraucht. So genüsslich, wie er einen Tschick nach dem anderen abbrennt, geht es einem als Zuseher. Man ist sofort süchtig nach dieser Serie und hat sie sich in kürzester Zeit reingezogen.
Vaughns gefährlicher Killer-Blick
Die zweite Staffel wurde in völliger Neubesetzung gedreht. Der Schauplatz vom Land in eine Stadt in Kalifornien verlegt. Und doch schließt sie an die erste Season an. Der psychodelische Vorspann, der düstere, grandiose Soundtrack, die bedrohliche Atmosphäre und vom Leben gepeinigtn Hauptcharaktere – allesamt mit ihren persönlichen Abgründen kämpfend. Das alles verbreitet diesen gewissen Twin Peaks Charme. Colin Farrell als korrupter, abgehalfteter Detective, Rachel McAdams als äußerlich taffe, aber innerlich verletzliche Polizistin und Vince Vaughn als eiskalter Gangsterboss mit Herz aber einem Blick der Töten kann, brillieren in ihren Rollen. Die Story fällt im Gegensatz dazu aber leider etwas auseinander. Und wo Twin Peaks bei all dem schrecklichen Ereignissen mit schrägen Szenen für amüsante Auflockerung sorgt, nimmt sich True Detective vielleicht insgesamt doch etwas zu ernst.
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Parallelen zu Twin Peaks offensichtlich
Und doch werden gerade Twin Peaks Fans am Werk von Nic Pizzolatto ihre Freude haben – denn die Parallelen zum Lynch-Klassiker sind offensichtlich. Wie Audrey in Twin Peaks ist es in True Detective Ani, die sich als Freudenmädchen getarnt in eine höchst gefährliche Lage bringt. Die Bar in der sich Gangster Frank und der korrupte Bulle Frank treffen und in der auf der Bühne Musiker ihre höcht melancholischen Stücke raunen, erinnert frappant an jene in Twin Peaks. Dort ist es Detective Cooper, der eine Vision von einem Riesen auf der Bühne hat, hier Detective Velcoro, dem im Traum auf der Bühne ein Elvis-Double erscheint. Dort endet und beginnt eine Folge mit dem niedergeschossenen Cooper, dort mit dem niedergeschossenen Velcoro.
Letztere Szene ist nicht umsonst meine absolute Lieblingsszene in True Detective. Wenn etwas so Geniales dabei rauskommt, ist für mich ein bisserl Abkupfern durchaus erlaubt. Dass es nun mit der dritten Staffel True Detective nichts wird, ist schade, lässt sich in Aussicht einer Fortsetzung von Twin Peaks aber verkraften. Hier der neueste Teaser.
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Und wem das noch immer nicht reicht, um die Zeit bis zum Start der neuen Twin Peaks Staffel zu überbrücken, der kann sich die 396 Seite starke Novel von Mark Frost “Die Geschichte von Twin Peaks” reinziehen, die im Herbst auch auf Deutsch erscheinen soll. Das soll die Plotlücken der ersten Staffeln schließen.
Titel: True Detective
1. Staffel, 2014 (2. Staffel, 2015)
Genre: Krimi, Mystery, Drama
Drehbuch: Nic Pizzolatto
Regie: Cary Joji Fukunaga
1. Staffel: DVD 10 Euro, Blue-ray 15 Euro auf Amazon
2. Staffel: DVD 28 Euro, Blue-ray 25 Euro auf Amazon
Wer auf Mystery-Charme und Krimiserien steht, kommt an True Detective nicht vorbei. In der ersten Staffel brilliert McConaughey als Rust Chole, in der zweiten Collin Farrel als Ray Velcoro wie einst Kyle Maclachlan alsDale Cooper in Twin Peaks. Düstere Charaktere, morbider Soundtrack, bedrohliche Atmosphäre – vieles erinnert an Twin Peaks. Damit ist die Serie die perfekte Einstimmung auf das Comeback der Lynch-Kultserie 2017.
Der Chefredakteur der Helden der Freizeit hat das Onlinemagazin 2016 ins Leben gerufen und ist seit 2000 als Sportjournalist im Einsatz. Bei heldenderfreizeit.com ist er spezialisiert auf actiongeladene Outdoor-Aktivitäten, Ausflüge, Videos und Social Media.