Luc Besson lässt sich von Francis Ford Coppola inspirieren und verfilmt Dracula in Paris neu. Ein wenig origineller Schinken, in dem die Darsteller zumindest ein wenig Spaß machen.
von Susanne Gottlieb, 30. 10. 2025
1897 erschien der Roman Dracula des irischen Autors Bram Stoker. Seither gilt die Geschichte des transylvannischen Vampirs, der nach London kommt und Frauen aussaugt, bis ihm eine Horde Männer unter der Leitung des Vampirjägers Van Helsing den Garaus macht, als goldener Standard des Subgenres. Von Verfilmungen und von der Materie inspirierten Adaptionen kann sich der Stoff auch kaum retten.
Einer der bekanntesten und kitschigsten ist wohl die 90er-Adaption von Francis Ford Coppola, der Dracula eine Ehefrau namens Elisabeta gab, die er leidenschaftlich liebte, und die im Körper von Mina Harker wiedergeboren wurde. Der Graf, ein trauriger Romantiker? Für Luc Besson Grund genug, hier nun seinen eigenen Spin dieses Kunstgriffs zu erzählen. Warum der Film kaum jemanden vom Hocker reißen wird, liest du hier.

Im 15. Jahrhundert ist Prinz Vlad (Caleb Landry Jones) in seiner rumänischen Heimat einer der letzten Bastionen gegen die ottomanischen Eindringlinge. Als er nach einer besonders heftigen Schlacht seine Frau Elisabeta (Zoë Bleu Sidel) verliert, um deren Sicherheit er davor gebetet hat, wendet er sich von Gott und der Kirche ab. Weil er jetzt verflucht ist, nimmt ihm Gott seine Fähigkeit zum Sterben und er wird zum bluttrinkenden Vampir.
Stets auf der Suche nach der Wiedergeburt seiner geliebten Elisabeta, trifft er 400 Jahre später den Anwalt Jonathan Harker (Ewns Abid), dessen Verlobte Mina das Ebenbild Elisabetas ist. Sofort macht sich Dracula, wie er nun genannt wird, auf den Weg nach Paris. Dort hat der Priester (Christoph Waltz), ein Mitglied eines Vampirjägerordens, Untersuchungen begonnen, als ihm der Arzt einer Nervenklinik den gefangenen Vampir Dumont (Guillaume de Tonquédec) zeigt. Maria (Matilda De Angelis) ist eine der Schergen des Grafen, und hat Mina bereits ausfindig gemacht. Nun ist es also eine Frage der Zeit, bis der Graf in Paris eintrifft. Doch ist er wirklich eine Bedrohung? Oder eine verlorene Seele, die es zu retten gilt?

Noch ein Dracula! War das notwendig? Nicht wirklich. Also zumindest nicht in der Form, die Luc Besson präsentiert. Man muss dem Franzosen zwar lassen, er kann durchaus noch gediegen unterhalten, aber in den letzten Jahren ist das Niveau seiner Filme stetig gesunken. Als Francis Ford Coppola diesen Film drehte, war das zumindest noch reinster fideler Camp mit einem Gary Oldman in der Hauptrolle, der sich mit den wildesten Perücken den dramatischen Tönen des Skripts ergab, und einem Keanu Reeves als Jonathan Harker, der im Vergleich sehr blass blieb. Die Faszination für den Grafen war hier zum Greifen nahe.
Jones ist ebenfalls ein starker Darsteller, die Perücke bei Harkers Ankunft im Schloss ist ganz klar nach dem Coppola-Film empfunden. Dennoch, bis auf einen sehr süffig-direkten Waltz als Van-Helsing-Verschnitt hat er wenig Material, mit dem er hier arbeiten kann. Harker verkommt zu einer Witzfigur, Dumont ist ein Stichwortgeber, bei den anderen männlichen Figuren muss man sehr lange überlegen, wer diese überhaupt waren. Doch das soll keine Ansage sein, dass Besson sich für die Frauen mehr interessiert. Mina hat so gut wie gar nichts in dem Film zu tun außer nett und adrett zu sein, und sich nachher nach dem Grafen zu verzehren. Selbst im Roman von Stoker, der rund 130 Jahre zuvor entstand, hatte sie mehr zu melden und eine entwickeltere Persönlichkeit.

Was hingegen natürlich sofort ins Ohr geht, ist die unverkennbare Musik von Danny Elfman. Ebenso erfreut es, dass Besson Figuren geschrieben hat, die offen miteinander kommunizieren. Wenn etwas an der Vorlage stets anstrengend war, dann waren es die Verschwiegenheit des Professors und das Leid, das sich folglich über die weiblichen Figuren ergoss. Dadurch ergibt sich für die Charaktere die Möglichkeit, selbstbestimmt zu handeln. Wenn man alle Informationen hat über Dracula, kann man sich als Mina trotzdem entscheiden, ihn zu lieben? Wenn man weiß, warum der Priester Dracula ins Reich der Toten beordern will, kommt es zu einem brutalen Showdown oder zu einer tragischen Konfrontation?
Trotzdem fehlt das Weltenbilden eines frühen Bessons. Die Räumlichkeiten sind klein, unspektakulär, die Optik ausgegraut, die optische Erzählkraft seiner frühen Tage fehlt. Das ist der Mann, der irgendwann einmal Das fünfte Element gedreht hat, Dracula kommt dagegen wie im Hinterzimmer daher.
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Mehr InformationenAbgesehen von ein paar starken Darbietungen und netten Adaptionen der Vorlage nichts, was man unbedingt gesehen haben muss.
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Alle Fotos: (c) Constantin Film
 
			Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.
 
				 
						