Dead Island 2 hatten viele schon abgeschrieben. Das Zombie-Survival-Rollenspiel wurde nämlich mehrfach fast gecancelt. Entgegen aller Erwartungen kam auf der Gamescom 2022 das Revival, inklusive zügigem Release-Termin. Allerdings fehlte es der Gaming-Landschaft seit dem Originalspiel von 2011 nicht gerade an Zombie- oder Survival-Spielen mit Crafting-Mechaniken. Ob es Dead Island 2 überhaupt noch braucht? Wir haben es getestet und sagen es euch in unserem Review.
von Klaus Kainz
Na, wer erinnert sich noch an Dead Island? Am Ende der Ära von PS3 und Xbox 360 kam die Zombiehatz gut an und nach einem Achtungserfolg sollte rasch ein zweiter Teil nachgeschoben werden. Ein kultiger Trailer von Dead Island 2 ging schnell viral, in dem die untoten Monster hinter einem nichts ahnenden Jogger den Strand unsicher machten. Allerdings ging das Game, das im sogenannten HELL-A spielt, selbst durch die sogenannte development hell – rund zehn Jahre mit Entwicklungsproblemen und Studiowechsel. Üblicherweise ist das kein gutes Zeichen, aber Dead Island 2 ist alles andere als ein Totalausfall.
Vorab: Unser Review gilt für den Dead Island 2 Singleplayer. Den Online-Coop-Modus mit bis zu drei Spielern konnten wir vor Release (21. 4.) leider noch nicht testen.
In L.A. ist die Hölle los. Die Metropole an der amerikanischen Westküste wurde nämlich von Zombies überfallen. Im nun umgetauften HELL-A stranden nach einem Flugzeugabsturz sechs tollkühne Hipster, die dort schnell wieder raus wollen. Jeder der Charaktere, aus denen ihr zu Beginn einen auswählt, besitzt dabei unterschiedliche Attribute, um wiederum den Zombies die Hölle heiß zu machen. In den ikonischen Locations der Kultstadt, vom luxuriösen Bel-Air, über die Filmstudios, bis zum sonnigen Venice Beach, ist nun Überlebenskampf angesagt. Der Zeitgeist verlangte wohl, dass beim knalligen Zombiegemetzel ironische One-Liner nicht fehlen durften. Nichtsdestotrotz, Dead Island 2 ist ein waschechtes Survival-Rollenspiel.
Dead Island 2 sieht aus wie ein bunter Shooter, ist es aber nur bedingt. Wer die Zombie-Apokalypse im trügerisch sonnigen HELL-A überleben will, kommt mit brachialem Haudrauf-Gehabe vermutlich nicht weit. Ihr startet je nach Charakter mit unterschiedlichen Stats und könnt danach aus vielen Skills wählen, um den für euch besten Spielstil zu optimieren und den Zombiehorden etwas entgegenzusetzen.
Außerdem sind Schusswaffen rar gesät. Das erste Sturmgewehr bekommt ihr erst nach mehreren Stunden in die Griffel. Vielmehr seid ihr auf Nahkampfwaffen angewiesen, die mit Loot und anderem Schrott für Angriffs-Boosts und Zusatzelemente gepimpt werden können. Sichtbare Damage-Zahlen bei jeder Attacke signalisieren euch, ob euer Flammen-Katana oder eure elektrischen Wolverine-Klingen den nötigen Schaden verursachen, oder Gegner möglicherweise sogar gegen solche immun sind. Zu loben ist die überraschend riesige Auswahl an potenziellen Waffen, die alle mehrere unterschiedliche Upgrade-Formen besitzen. Selbst nach etlichen Spielstunden tauchen noch immer ganz neue Haushaltsgegenstände auf, die als Kaltmacher herhalten dürfen.
Zwischen all dem Tüfteln braucht es aber auch gute Reflexe. Denn Dead Island 2 mischt seine RPG-Ansätze mit ninja-artiger Action. Wer es darauf anlegt, kann seinen Charakter auf flinke Ausweichmanöver und Martial Arts Moves auslegen. Da ihr in der Story von einem Zombie gebissen wurdet, kommen außerdem Angriffsmodi hinzu, in denen ihr im Blutrausch alles niedermähen dürft. Diese wollen aber mit Bedacht eingesetzt werden, denn das Game ist kein Spaziergang. Etwas seltsam ist deswegen lediglich die Entscheidung, dass besiegte Gegner – mit der Ausnahme von Bossfights und ausgewählten Kampfarenen – nach einem Game Over nicht wieder auferstehen, was dem ein oder anderen Tod die Konsequenzen nimmt.
HELL-A ist keine klassische Open World. Vielmehr bietet es eine Handvoll kleinerer Sandboxen und Stages, die miteinander verbunden sind. Das ist aber kein Manko, weil so das Leveldesign nicht im Sand verläuft, wie manche Open World Games mit den immer selben Gegnercamps und Aussichtstürmen. Umgekehrt fühlen sich die Welten wie schlüssige Level an, statt wie recycelte Locations auf einer Riesen-Map. Anfangs hält euch Dead Island 2 noch stark an der Hand, überlässt euch beim Lösen von Herausforderungen und Rätseln aber immer mehr die Kontrolle. Ein Vergleich mit Resident Evil 4 (unser Review zum Remake) in Sachen Leveldesign und Abwechslung verbietet sich zwar.
Dafür punktet das Survival RPG, verglichen mit der Zombie-Konkurrenz, einerseits mit der größeren Varianz an Skills und Möglichkeiten den Spielstil zu individualisieren. Außerdem rundet eine hohe Interaktion mit der Umgebung das Gameplay ab. Feuer und Wasser sind eure größten Freunde, fast überall könnt ihr mit brennbarem Öl oder elektrisch aufladbaren Flüssigkeiten den Zombies Fallen stellen. Auch manche der Rätsel sind nur mit den Elementen zu lösen.
Die grafische Präsentation auf gutem PS4-Niveau überzeugt mit einem farbenfrohen und manchmal jazzigen Style, auch wenn die reine Grafikpower nicht vom Hocker reißt. Kleinere Details mögen negativ auffallen, wie fehlende Reflektionen in den seltsam häufig platzierten Spiegeln. Großes Augenmerk lag dafür auf dem Zerhacken der Zombies. Untote lassen sich wortwörtlich in Einzelteile zerlegen, ihr könnt nicht nur Gliedmaßen abtrennen, sondern ihnen quasi jeden Lappen ihres modrigen Fleisches bis auf die Knochen abschlagen. Aber aufgepasst: In Deutschland wurde der Gore für die USK Version leicht entschärft. Wer den vollen Blutrausch will, greift einfach zur österreichischen PEGI-Fassung. Hier auf Amazon erhältlich.*
Total ironisch will sich das Spiel wiederum beim Storytelling zeigen, das L.A.-Snobs auf die Schaufel nimmt und sich viele ironische Sprüche nicht verkneifen kann. Schenkelklopfer sind zwar wenige dabei, aber es wirkt immerhin nicht nervig oder deplatziert wie im letztjährigen Reboot von Saint’s Row. Wer damit gar nicht klarkommt, kann Cutscenes auch überspringen.
Deep Silver war es spürbar wichtig, Dead Island eine würdige Rückkehr zu verpassen. Zumindest der von uns getestete Singleplayer-Modus ist ein amüsanter Zombie-Überlebenskampf, dem die langjährigen Entwicklungsprobleme nicht anzumerken sind. Auf der Ego-Rollenspiel-Ebene fühlt es sich wiederum wie das bessere Atomic Heart an. In Sachen Leveldesign wirft es den Genrekönig Resident Evil zwar nicht vom Thron, aber das muss es auch nicht. Durch den knalligen Style bietet es ohnehin ganz eigene Vibes und weil die Menschenfresser auf überraschend viele und trotzdem intuitive Arten malträtiert werden können, kommen besonders kreative Zocker auf ihre Kosten.
Dead Island 2 ist ab 21. April für Playstation 4 und 5, Xbox One und Series X sowie PC hier auf Amazon in der Uncut-Version erhältlich.
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Alle Bilder (c) Deep Silver
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