Ab 18. März tourt Alf Poier mit seinem neuen Programm Humor im Hemd durchs Land. Wir haben es bereits gesehen. Was euch erwartet und wie es uns gefällt.
von Christoph König, 16. 3. 2019
Alf Poier hat immer gern polarisiert und provoziert. Ob mit seinen ungewöhnlichen Kabarettprogrammen, seiner Botschaft für Bewusstsein, Scheißdreck und Kunst oder seinem legendären Song Contest Auftritt 2003. Doch im Zeitalter von Facebook und Co. hat man das Gefühl, genau das bringt ihn in ein Dilemma. In Zeiten “digitaler Diktatur” (wie er es nennt) stellt er sich in seinem neuen Programm Humor im Hemd die Frage, was man überhaupt noch sagen darf.
Am 18. März feiert Humor im Hemd im Orpheum Wien seine Premiere. Dann tourt Poier damit durch Österreich (Termine unten). Die Helden der Freizeit haben das neue Programm gleich bei der ersten Vorpremiere auf der Bühne Purkersdorf gesehen. In unserer Kritik verraten wir euch, was da auf euch zukommt – natürlich ohne zu viel zu spoilern. Und mit der Fußnote, dass sich bis zum offiziellen Start noch das eine oder andere ändern kann.
Viele sagen, sie verstehen die Welt nicht mehr. Poier sagt, ihn versteht die Welt nicht mehr. Es nervt ihn die politische Überkorrektheit, die vor allem in den sozialen Medien nur noch bestimmte Meinungen akzeptiere. Um sein Dilemma greifbar zu machen, hat er auf der Bühne eine Alarmsirene installiert. Die heult jedesmal laut auf, wenn seine Aussagen nicht ins akzeptierte Schema passen. Ein selbst umgehängter Maulkorb für den Provokateur Poier quasi. Man kann sich vorstellen, dass die Sirene während der knapp zwei Stunde oft zum Einsatz kommt. “Heutzutage ist ja schon jeder Suppenkoch Kabarettist” MÄÄÄÄT! “Halloween ist der Villacher Fasching für Depressive!” MÄÄÄT! “Man darf Burenheidl sagen, aber nicht Hurenbeidl” MÄÄÄÄT! MÄÄÄT!
Humor im Hemd ist politischer als seine Programme zuvor. Nicht, weil er darin Politiker verreißt (mit einer kleinen lustigen Ausnahme – Stichwort: Farben), sondern weil er neben der Frage, was man alles sagen darf, auch seine eigene politische Einstellung mehr thematisiert als zuvor. Und zwar sehr anschaulich mit einem Schaurad und einem Pendel, dass aus seiner Sicht durchaus auch in Richtungen ausschlagen darf.
Schlussendlich verortet er sich in der Mitte. Sehnt sich der bunte Rebell Poier mit seinen 52 Jahren etwa gar nach konservativeren Werten? Er singt eine Ode an den Hausverstand, schwärmt über die Vorteile am Land gegenüber der Stadt und singt Lieder, die an Austropop-Schlager erinnern – um sie dann aber mit harten E-Gitarren-Klängen ironisch aufzumischen. Und so doch immer wieder die Frage aufwirft, wie sehr er das alles ernst meint.
Denn da ist auch der andere Poier, dem die Störung des Normalen immer noch ein persönliches Anliegen ist. Ein Highlight des neuen Programms sind seine Bilder, in denen er als dadaistischer Teufel sein Unwesen treibt. Da spielt ein Schachspieler gegen den Wind und erlangt der Weisheit, der vergisst, was er weiß. Cool sind auch die schrägen Ausbrüche (besonders das Lied Selber schuld hat es uns angetan). Und dann holt er das Publikum plötzlich mit einem extrem ernsten Thema wieder so runter, dass es mucksmäuschenstill wird im Saal. Das sind die stärksten Momente im neuen Programm.
Poier fährt in Humor im Hemd mit viel auf, was ihn ausmacht. Seine Objekte, seine Bilder, seine Absurditäten, seine schnellen Gags aus der Witzkiste, seine philosophischen Gedanken, aber auch ernste Themen. Das sind die besten Momente im neuen Programm. Vor allem mit der starken Message dahinter, dass man nur einmal lebt und deshalb machen soll, was man will, solange man es kann. Beim politischeren Teil scheiden sich die Geister. Die Kritik an der politischen Überkorrektheit ist das eine. Aber muss man als Zuseher unbedingt wissen, wo er sich auf der politischen Skala verortet? Zumal das Ergebnis nicht sonderlich spektakulär in eine Richtung ausfällt.
Unterm Strich gibt es viel, für was man das neue Programm mögen kann, aber auch ein paar schwächere Momente. Und wieder einiges zum Nachdenken. Wir sind gespannt, wie Humor im Hemd beim Publikum ankommt. Poier hat ja eine Tafel, mit der er die Zuschauermenge zählt. Bleibt sie unter 20.000 will er nicht mehr auftreten. Wie sehr er das ernst meint? Macht euch selber ein Bild.
Die Helden der Freizeit haben mit Poier ein langes Gespräch über sein Leben auf und abseits der Bühne, Huren, Hobbys, Stronach und Winnetou geführt.
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Aufmacherfoto: (c) Reinhard Mayr
Der Chefredakteur der Helden der Freizeit hat das Onlinemagazin 2016 ins Leben gerufen und ist seit 2000 als Sportjournalist im Einsatz. Bei heldenderfreizeit.com ist er spezialisiert auf actiongeladene Outdoor-Aktivitäten, Ausflüge, Videos, Spiele, Filme, Serien und Social Media.