Im Vorjahr schaffte es das Remake von Silent Hill 2 zum Überraschungshit, das trotz neuem Entwickler-Studio Höchstwertungen bei Fans und Kritikern einfuhr. Rechtzeitig zur diesjährigen Grusel-Saison legt Publisher Konami mit Silent Hill f einen gänzlich neuen Ableger nach. Der macht so einiges anders. Taugt Silent Hill f nun zum nächsten Genre-Klassiker für die düstere Jahreszeit? Unsere Review gibt die Antwort.
von Klaus Kainz, 1. 10. 2025
Silent Hill f kehrt nicht nur zurück in asiatische Entwicklerhände, sondern spielt auch erstmals dort. Schreiber Ryukishi07, manchen Anime-Fans für diverse Grusel-Serien bekannt, verfrachtet den neuesten Ableger der psychologischen Horror-Serie nämlich ins Japan der 1960er Jahre. Das gibt der Serie einen frischen Anstrich. Wobei der Titel viele der gewohnten Stärken beibehält – manchmal aber auch ins Straucheln gerät.
So hat sich Protagonistin Minako den Ausflug mit Freunden wohl nicht vorgestellt. Kaum eingetroffen, macht sich ein wildes Nebelmonster über die Stadt her. Es beschwört einen Eingeweide-farbigen Wildwuchs, der zugleich einer Kameradin den Gar ausmacht. Für die drei verbliebenen Teenager steht somit der Überlebenskampf im leer gefegten Bergdorf an, in dem nun puppenartige Zombie-Kreaturen im Nebel lauern.
Fans vom Silent Hill 2 Remake dürften sich schnell orientieren, grundlegend funktioniert Silent Hill f nämlich ähnlich. Sprich, es gilt kleine Labyrinth-artige Areale zu erkunden, anhand von Hinweisen in der Umgebung Knobelaufgaben zu lösen und zwischendurch Gegner aus dem Weg zu räumen. Wobei viele Rätsel oft einen surrealen Touch haben, der die Welt um den Charakter subtil und manchmal gänzlich verändert. Allerdings verzichtet Silent Hill f auf Schusswaffen und konzentriert sich erstmals rein auf den Nahkampf mit Rohren, Messern und Baseballschlägern.
Zu den klaren Highlights zählen das Welten-Design und das Storytelling. Die alten Gassen, Wälder und Reisfelder zeigen sich grafisch nicht zuletzt dank der stimmigen Nebelkulisse schön schaurig. Daneben ist diesmal alles mit japanischem Mystizismus und antiker Folklore aufgeladen. Seien es altertümliche Trachten, Ausrüstungsgegenstände wie Schutzamulette, japanische Malereien innerhalb der Rätsel und im Soundtrack finden sich nun traditionelle Instrumente aus Japan und buddhistischer Ritualgesang.
Trotz des neuen Looks bleibt Silent Hill f dem psychologischen Horror treu. Denn auch in der japanischen Variante manifestieren sich die inneren Dämonen von Hinako in den nebligen Landschaften, statt nur beliebige Monster. Die Schülerin hat nämlich nicht nur mit missbräuchlichen Eltern zu kämpfen, sondern auch mit den gesellschaftlichen Erwartungen an junge Frauen im ländlichen Japan vor rund 60 Jahren.
So zeigen sich in den teils abstrusen Rätseln und Tagebucheinträgen im Vergleich mit anderen Genre-Granden wie Resident Evil immer kleine Andeutungen auf den wahren Story-Hintergrund, der sich erst am Ende vollständig offenbart. Außerdem gibt es überall optionale Gebiete, die kleine Geschichten über tragische oder mystische Geschehnisse im Dorf erzählen, die möglicherweise etwas mit den Hauptcharakteren zu tun haben könnten.
Immer wieder wechselt der Titel vom Dorf-Setting in eine dunkle Traumwelt. Dort ist Hinako in einer Tempelanlage gefangen, in der sie unter Beobachtung eines mysteriösen Mannes mit Fuchsmaske steht. Das ist anders als die rostige Dämonenwelt aus vorherigen Teilen, macht das alte Konzept aber weniger vorhersehbar. Tatsächlich fährt Silent Hill f einige überraschende Twists auf und bei der (bewusst) verworren erzählten Geschichte bleibt bis ans Ende spannend, was es mit den obskuren Geschehnissen auf sich hat.
Ein paar Klischees sind aber leider auch mit dabei. Viel zu lange behandelt das Spiel einen relativ flachen Plot über die eifersüchtige Freundin von Hinako, die viel lieber mit ihrem Freund zusammen wäre. Ein bisschen Highschool-Mobbing darf auch nicht fehlen. Zugegeben ist das im Setting von Silent Hill neu. Verfolgt man aber schon länger andere Games aus Japan, oder auch Anime, sind diese Highschool-Klischees wahrlich ausgelutscht. Immerhin bewegt sich das Ende auf erwachsenere Themen zu, die vorherige Story-Stränge in ein anderes Licht rücken.
Auch beim Monster-Design ist der Titel nicht ganz so kreativ wie die Vorgänger. Besonders die Bossgegner könnten aus jedem beliebigen B-Titel aus der Horror-Kategorie auf Steam Horror stammen, während die alten Designs viel mehr abstrakt als einfach nur eklig waren. Der alte Zeichner Ito war leider für den Titel nicht mehr an Bord. Serienkomponist Yamaoka wiederum hat mehrere Lieder zusammen mit Newcomer Kensuke Inage abgeliefert, die die Atmosphäre subtil unterstreichen – wenn auch nicht ganz auf dem höchsten Niveau der Erstlinge.
Eigentlich hat es Konami relativ gut geschafft, den klassischen Survival Horror mit Munitionsmangel auf das brachiale Gemetzel mit Alltagsgegenständen umzumünzen. Denn jede Waffe hat nur eine beschränkte Haltbarkeit und Gegner stecken nicht nur viel ein, sondern teilen auch viel aus. Befürchtungen, der Titel würde sich wie Dark Souls spielen, haben sich nicht unbedingt bewahrheitet, wobei die großen Bosskämpfe durchaus deplatziert und fast wie aus Rollenspielen wirken.
Hinako kann ihre Stamina regenerieren, wenn sie rechtzeitig ausweicht und jeder Gegner lässt sich betäuben, wenn er eine Lücke in der Deckung zeigt und kurz aufleuchtet. Diese Momente dauern aber teilweise nur einen Bruchteil einer Sekunde und die Schwachpunkte sind nur sichtbar, steht man besonders nahe beim Feind. Im Fokus-Modus verlängert sich der Zeitraum für einen Konter allerdings dramatisch und verschafft euch außerdem einen mächtigen Lade-Angriff. Das benötigt aber wiederum geistige Gesundheit.
Das heißt, in jedem Kampf müsst ihr neu entschieden, ob ihr ein bisschen “Verstand” opfert, oder doch ein paar mehr Hits riskiert, lieber eure Waffe repariert oder euer Glück mit einem Fluchtmanöver versucht. Oder ob ihr für große Gegner bereits den Stamina-Boost verbraucht oder diesen doch für später aufhebt und stattdessen auf traditionelle Heilmittel setzt.
Dieses Kampf-Prinzip kann anfangs durchaus spannend sein. Allerdings gingen dem Studio für das letzte Drittel wohl die Ideen aus. Denn die finalen Stunden bestehen überwiegend aus einfallslosen Kampfarenen und Gegnerwellen, mit den immer gleichen vier bis sechs Feinden. Das macht das Gameplay gegen Ende relativ dröge – und manchmal frustrierend. Außerdem greifen immer mehr Gegner von der Decke oder aus anderen Verstecken an, die ohne Vorwissen kaum vorhersehbar sind und quasi automatisch wichtige Heilgegenstände kosten.
Besonders langatmig sind diese Gegnerwellen auf dem hohen Schwierigkeitsgrad. Hier stecken einzelne Monster teils minutenlang Attacken ein, bevor ihnen die Lebenspunkte ausgehen. Allerdings gibt es nur zwei Schwierigkeitsgrade – den harten Modus für “Fans von Action-Horror” und einen “Story-Modus”. Letzterer ist gerade anfangs sehr einfach und betont sogar, dass Mechaniken ignoriert werden dürfen. Ein Mittelweg und weniger Gegner im letzten Abschnitt hätten das Spiel spürbar entschlackt und verbessert.
Angenehm ist der Schwierigkeitsgrad allerdings beim Rätseln. Viele der teils abstrakten und surrealen Erkundungs- und Knobelaufgaben sind nicht sofort offensichtlich, lassen sich aber üblicherweise mit ein paar Minuten Grübeln immer lösen – genau richtig also. Hinako sammelt die Hinweise im Notizbuch, aber hier gibt es keine neumodernen NPCs, die die Lösung vorab verraten. Auch das ist heute erfrischend.
Der große Halloween-Klassiker á la Silent Hill 2 steckt im neuen Ableger vielleicht nicht ganz. Dafür haben sich die Entwickler von Silent Hill f beim Balancing und den Kämpfen etwas verlaufen, was besonders in den ermüdenden finalen Stunden spürbar ist. Dafür überzeugt der Titel aber mit einer spannenden Gruselgeschichte, die Japan-typisch viele nihilistischen Züge zeigt und deswegen besonders bedrückend ist. Mit einer rundum atmosphärisch aufgebauten Welt, die trotz den Ungereimtheiten im Kampfsystem bis ans Ende spannend zu erkunden ist.
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Alle Bilder © Konami
Der Redakteur (APA, Helden der Freizeit) und Videospiel-Blogger reviewed für uns vor allem Games, Serien und Filme - ist aber auch so manchem Naturausflug nicht abgeneigt.