Raise ist ein Karten- und Würfelspiel mit Pokerelementen. Warum sich in dem simplen etwas unscheinbar wirkenden neuen Geheimtipp aus Wien ein flotter Spielspaß-Kracher versteckt.
von Christoph König
Name: Raise
Autor: Peter Prinz
Spieler/Alter: 2-5, ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten.
Verlag: Piatnik
Raise ist diese Art Spiel, die man auf den ersten Blick unterschätzt. Die Aufmachung wirkt, obwohl bunt, ein bisschen unscheinbar. Der Inhalt mit dem simplen Punktezählbrett und den Karten mit den Werten auch nicht extrem spektakulär. Einzig die Würfel mit den bunten Symbolen im schicken Marmorlook schinden etwas Eindruck. Liest man sich dann die Regeln durch, ist der erste Gedanke: Was soll denn jetzt bitte so spannend daran sein? Doch nach 1 bis 2 höchst kurzweiligen und unterhaltenden Partien (und dem dringendem Wunsch eines Verlierers, man möge ihm eine Revanche zugestehen) ist klar: Raise wurde von der Wiener Spieleakademie zu recht zum Spiele-Hit 2022 im Bereich Kartenspiel gekürt.
Warum wir dieses kompakte Spiel auch in unsere Liste der besten Reisespiele aufnehmen, liest du in unserem Test. Und hier gehts zu unserem neuesten Brettspiel-Tipp des Monat.
Alle Spieler:innen erhalten jeweils einen Stapel mit 30 Karten mit Werten von 1 bis 6 und in den Farben von fünf Symbolen (violett, orange, türkis, rot und gelb). Dieser wird gemischt und jede/r zieht von seinem Stapel 6 Karten auf die Hand.
Nun beginnt die erste Runde. Zuerst wird eine Punktekarte in der Tischmitte aufgedeckt, die mit einem zufälligen Wert von 6 bis 20 angibt, um wieviele Siegpunkte es in dieser Runde mindestens geht. Jetzt werden die 7 Würfel mit den fünf Symbolen gewürfelt. Sie geben in dieser Runde den Multiplikationswert für die jeweilige Symbolkarte an. Beispiel: Gilt in einer Runde der Multiplikationswert 4 für Glocken ist eine Glockenkarte mit dem Wert 3 das Vierfache wert, also 12.
Jetzt spielen alle Spieler:innen eine ihrer sechs Karten verdeckt aus und decken sie dann gleichzeitig auf. Jeder zieht nun auf dem Spielplan mit seinem Zählstein den Wert seiner Karte. Wer danach an letzter Stelle liegt, hat nun als erster die Wahl: Weitere Karten ausspielen und versuchen die Runde noch zu gewinnen oder passen und diese Runde aufgeben. Nach seinem Zug ist nun wieder der/die Letztplatzierte an der Reihe. Sobald nur noch der Führende im Spiel ist und alle anderen gepasst haben oder keiner der verbleibenden Spieler:innen noch Karten auf der Hand hat, ist die Runde beendet. Der/die Sieger/in darf sich jetzt die Punktekarte nehmen mit allen ausgespielten Karten auf seinen Gewinnstapel legen.
Sind alle Runden gespielt, zählen die Spieler:innen den Wert ihres Gewinnstapels. Wer die meisten Punkte erobert hat, gewinnt.
Der Reiz des Spiels ähnelt dem von Poker. Denn: Je nachdem wie gut sich das Kartenblatt in einer Runde mit den Multiplikatoren in der Mitte ergänzt, gilt es abzuschätzen, wie gut die eigenen Siegchancen bei einer Runde sind. Zahlt es sich aus, viele Karten auszuspielen, um auf den Sieg loszugehen? Oder passe ich lieber und hebe sie mir für eine andere Runde auf, wo sie mit etwas Glück mehr Wert sind? Achtung! Wer jede Runde viele Karten ausspielt, läuft in Gefahr, seinen Stapel zu früh aufzubrauchen und in den letzten Runden tatenlos zuschauen zu müssen, wie die anderen die Punkte einstreifen.
Weil jede/r Spieler/in das selbe Set an Karten hat, kann man sich sogar merken, ob ein Gegner bereits Karten mit hohen Werten ausgespielt hat. Damit verringert sich der Glücksfaktor und die Strategie gewinnt an Bedeutung. Freilich ist es Pech, wenn man in einer Runde viele Karten investiert, weil man denkt, man hat das beste Blatt und man wird von jemand noch knapp übertrumpft wird. Auch das ist eine Parallele zu Poker.
Raise wurde vom studierten Mathematiker Peter Prinz entwickelt. Und das merkt man dem Spiel an. Multiplizieren und Kopfrechnen, hat einen bedeutenden Faktor im Spiel, vor allem, wenn man es strategischer anlegt. Daher ist die Altersangabe ab 10 Jahren durchaus passend.
Raise lässt sich mit 2 bis 5 Spielern spielen, macht mit mehr Spieler:innen gefühlt aber noch mehr Spaß, obwohl (oder gerade) weil es sich da noch etwas unberechenbarer spielt. Der Strategie- und Glücksfaktor ist schön ausbalanciert. Motivierend ist auch, dass man Runde für Runde beim Spielen geschickter wird.
Das Design ist sehr einfach, passt aber zum Spiel, weil es ein bisschen Casino-Vibes versprüht. Immerhin geht es ja ums Zocken und Bluffen. Das Schwarz-Weiß-Spielbrett ist gar ein bisserl fad, aber erfüllt seinen Zweck. Was wir wie bei so manch anderem Spiel dieser Größe von Piatnik schade finden? Dass das Spielematerial ohne Schlichtungssystem lose in der Schachtel herumfliegt (siehe auch Imagenius) und sich damit schneller abnützt als nötig. Eine Schlichtungslösung mit eingelegtem Karton in der Schachtel sollte doch machbar sein.
Die bunten Farben und Symbole auf den Würfeln sind sehr übersichtlich. Bei den Zählsteinen hat man sich leider für weiß, grau, beige, braun und schwarz entschieden, was die Unterscheidung nicht ganz so einfach macht. Das ist aber alles Meckern auf hohem Niveau. Denn das Spielprinzip von Raise ist sehr befriedigend. Außerdem dauert es gerade einmal eine halbe Stunde und ist sehr kurzweilig. Dementsprechend positiv fällt unser Fazit aus.
Raise ist ein sehr gelungener Mix aus Strategie und Glück, Würfel- und Kartenspiel. Ein perfekter kleiner Reisebegleiter. Nach einer gewissen Aufwärmphase spielt es sich mit jeder Partie besser und wird auch nach einiger Zeit nicht langweilig. Achtung: Gerade die erste Partie istoft noch ein wenig sperrig und verwirrend. Daher sollte man sein Urteil erst nach mehreren Matches fällen. Vor allem Pokerfreund:innen werden daran Gefallen finden. Ein Vorteil zu Poker: Es funktioniert auch ohne Geldeinsatz ausgezeichnet.
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