Faszination Twin Peaks – der Hype um die Kult-Serie ist auch nach 26 Jahren ungebrochen. Zum Revival liefern wir euch 10 Gründe für dieses Phänomen.
von Anaking
Was? Du kennst Twin Peaks nicht? Wenn mir heute ein jüngerer Freund erzählt, er liebt Serien. Er steht auf Breaking Bad oder Lost, hat aber noch nie was von Twin Peaks gehört, muss ich erst mal schlucken.
Was folgt ist eine Brandrede in der ich versuche zu erklären, warum das Meisterwerk von David Lynch und Mark Frost das Genre revolutioniert hat und was die Serie so genial macht.
Lang ist es her. Als Twin Peaks zum ersten Mal lief war ich 11 Jahre alt. Verstanden habe ich damals von der Handlung noch nicht viel. Trotzdem hat mich dieser Mystery-Krimi in den Bann gezogen, wie bis heute keine andere Serie. Jede Folge landete auf VHS-Kassette. Die LP mit dem genialen Soundtrack hatte einen Ehrenplatz.
Bis heute hat mich die Faszination Twin Peaks nicht los gelassen. Morgen (21. Mai) wird die Serie nach 26 Jahren endlich fortgesetzt (Alle Infos dazu findet ihr hier). Allerhöchste Zeit, die Gründe, warum viele Fans diese Serie so lieben, auf den Punkt zu bringen.
Der Sound von Angelo Badalamenti frisst sich ins Unterbewusstsein und krallt sich dort fest. Praktisch jeder, der einmal Twin Peaks gesehen hat, kann das Intro mitsummen. Düster, aber auch irgendwie hoffnungsvoll. Die Musik spiegelt perfekt die Stimmung der Serie wieder. Und wird bei den Szenen und zu den Charakteren mindestens so perfekt eingesetzt, wie die Bilder. Mal fröhlig jazzig, dann wieder unheimlich traurig balladig mit der zerbrechlichen Stimmen von Julee Cruise.
Ohne Frage ist Agent Dale Cooper Kyle MacLachlans Paraderolle. Und wohl auch die großartigste Figur, die David Lynch je erschaffen hat. Dale verkörpert die Korrektheit und Intelligenz in Person. Was den Charakter so liebenswert macht, ist aber seine Fähigkeit sich für Momente und die kleinen Dinge zu begeistern. Ob es ein Cherry Pie, ein Kaffee oder nur ein köstlicher Donut ist. Cooper gibt einem das Gefühl: Egal, wie böse einem das Schicksal oder die Umstände mitspielen, es gibt immer 1000 gute Gründe das Leben zu lieben. Einmal inne zu halten und einfach zu genießen.
Dann – oder wenn er seiner Intuition statt seinem Verstand folgt – streift er die kühle Rolle des FBI-Agenten ab und lässt sich von seiner Menschlichkeit leiten.
Wie Cooper und der Soundtrack haben auch bestimmte Sätze den Kult um die Serie befeuert. Drei davon besonders.
The Owls are not what they seem
Fire walk with me
Damn good coffee
Echte Typen. Bei kaum einer Serie haben so viele Charaktere einen so intensiven Eindruck hinterlassen. Neben Dale Cooper, ist vor allem die Perfomance von Ray Wise als Leland Palmer herausragend – immer am Rande des Wahnsinns zwischen dem Schmerz über den Tod seiner Tochter und der irren Fröhlichkeit des eiskalten Mörders, der in ihm steckt. Sherilyn Fenn als Audrey Horne und Dana Ashbrook als Bobby Briggs sind ebenfalls perfekt besetzt – wie freilich viele andere.
Und dann sind da noch die vielen schrägen Friguren: Vom Giant, Dr. Jacoby, dem fast tauben Agent Cole, dem dümmlichen, weinenden Polizisten Andy, bis zum tanzenden Zwerg und der Log-Lady – der Baumstamm-Flüsterin.
Schier endlose Wälder. Ein Örtchen an dem nur selten die Sonne scheint. Der Red Room. Das Double “R” Diner. Die Bang Bang Bar. Das One Eye Jack’s. Das Great Northern mit dem mächtigen Wasserfall. Das Sägewerk. Als gruseliger Mittelpunkt – das unheimliche Haus der Palmers. Und natürlich der verlassene Zugwaggon – in dem das Grauen seinen Höhepunkt erreicht. Alles passt, wie die Faust auf’s Auge.
Trotz all dem Bösen in Twin Peaks mangelt es der Serie nicht an lustigen Szenen. Ob es Deputy Brennan ist, der sich selbst mit Post-its zukleistert. Ob es der schwerhörige Agent Cole ist, der intime Liebeserklärungen für seinen Schwarm Shelly durch das ganze Restaurant schreit. Oder Cooper selbst, der Steinchen auf Flaschen schießt als intuitive Ermittlungsmethode, die er sich bei einem Traum über Tibet angeeignet hat.
Oder aber ein Lama grunzt ihn unvermittelt mitten im Gespräch an.
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Der Gruselfaktor ist bei Twin Peaks extrem hoch. Statt Gewalt ist es meistens die Stimmung, die einem Angst macht. Wenn plötzlich Lauras Mutter vor Schreck brüllt, weil ihr einfällt, dass sie den Mörder im Zimmer ihrer Tochter gesehen hat. Wenn einer Figur plötzlich die Hand zittert, wenn eine langsame Kamerafahrt durch einen leeren Schulgang durch düstere Musik untermalt wird oder ein Plattenspieler im Haus der Palmers am Ende der Schallplatte hängen bleibt – dann strahlt das mehr Bedrohlichkeit aus als es jede Gewaltszene könnte.
Laura Palmer ist die ganze Serie über bereits tot und doch scheint sich das ganze Leben der Stadt immer noch um sie zu drehen. So wie das Böse omnipräsent zu sein scheint, schwebt Lauras Schicksal wie ein dunkler Schatten über der Stadt. Noch dazu scheint es kaum einen Mann in Twin Peaks zu geben, der der Schönheitsqueen mit dem geheimen Faible für Sex, Drogen und Selbstzerstörung nicht verfallen ist.
Die zeitlose Qualität von Twin Peaks hat damit zutun, dass diese Serie so aufwändig wie ein Film gedreht wurde. Was viel später tolle Serien wie Breaking Bad ausgezeichnet hat, war damals noch völlig unüblich. Die tollen Bilder in Twin Peaks sind dafür verantwortlich, dass die Serie kein Ablaufdatum hat. Und selbst heute noch mit den über 25 Jahre alten Staffeln viele neue Fans für sich begeistert.
Viele Outfits in Twin Peaks versprühen den Charme der 50er und ebenso viel zeitlose Klasse, wie die Serie selbst. Von allen 238 Charakteren, die Garderobistin Sarah Markowitz eingekleidet hat (was für eine Mammutaufgabe!), sticht einer oder besser eine besonders hervor:
Audrey Horne – gekleidet wie Elisabeth Taylor. Aber auch Josie Packards Stil ist einzigartig – mit ihren edlen, sexy Kostümen und dem markanten roten Lippenstift. Man darf gespannt sein, ob Markowitz’ Nachfolgerin Nancy Steiner ihren Job ebenso großartig macht.
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Aufmacherfoto: (c) twin peaks productions