Vor 21 Jahren erschien mit Diablo 2 eines der großartigsten und bahnbrechendsten Action RPGs aller Zeiten. Heute, zwei Jahrzehnte und ein Neuauflagen-Debakel (Warcraft 3: Reforged) später, soll dem Klassiker mit Diablo 2: Resurrected neues Leben eingehaucht werden. Ob dieses Remaster alte Sünden vergessen machen kann?
von Peter Huemer
24. September 2021: Am Ende von Diablo 1 triumphierte ein unbekannter Krieger im 16. Untergeschoss der Kathedrale von Tristram über Diablo. Leider war damit der Schrecken nicht besiegt, denn Diablo starb nicht, sondern nistete sich einfach im Körper seines Feindes ein. In Diablo 2 verfolgen wir als Spieler nun den zum dunklen Wanderer gewordenen Helden um dem Bösen, das ihm entspringt, endgültig Einhalt zu gebieten.
Diablo 2: Ressurected ist vor allem anderen ein Grafikupdate. Bei einem klassischen Game wie Diablo 2 sind Fans äußerst streng. Das bekannte Gameplay soll nicht angetastet werden, solange es im Original zumindest funktionell war. Und das Original war wirklich bereits ein herausragendes Spiel. Es gab zwar viele Unhandlichkeiten, die der Ära geschuldet waren, aber die passten zur Stimmung, zur Story und zum Stil des Spiels. Gott (oder dem Teufel) sei Dank hat man das Gameplay und fast alle Mechaniken (bis auf einige kaum merkliche Kleinigkeiten) vollkommen unangetastet gelassen. Es spielt sich also genau wie damals – somit handelt es sich eher um ein Remaster als ein Remake. Für die Jüngeren unter uns, die im Jahr 2000 noch keine passionierten Gamer waren, sondern noch in die Windeln machten oder gar noch ungeboren waren, ist das gewöhnungsbedürftig. Es lohnt sich aber, sich nicht abschrecken zu lassen.
Gerade die Tatsache, dass alles ist wie im Original, kann für neuere Spieler aber auch ein Problem sein. Gameplay von vor 20 Jahren war eben noch ganz anders. Das Spiel hält einen nicht bei der Hand. Viele Mechaniken muss man selbst entdecken oder im Internet nachschlagen. Zum Beispiel erlaubt einem das Spiel, immer nur 2 Fähigkeiten (jeweils rechte und linke Maustaste) gleichzeitig zu verwenden. Mithilfe von Hotkeys kann man diese Tastenbelegung im Kampf ändern, aber das braucht etwas Übung.
Außerdem ist das Spiel streng, wenn es um das Aufleveln des Charakters geht. Einen Skillpunkt, den man verbraucht hat, bekommt man nicht wieder und man wird auch nicht gefragt, ob man sich sicher ist, dass man das, was man gewählt hat, auch wirklich möchte. Da ist Vorsicht geboten. Und sollte man im Spiel sterben, verliert man alles und muss erst seine eigene Leiche wiederfinden, bevor man Geld und Ausrüstung zurück bekommt. Hier gibt es aber einen Trick. Wenn man das Spiel ausschaltet und wieder einschaltet, findet man seine Leiche sofort neben sich wieder. All diese Dinge sind für moderne Spieler vielleicht umständlich, aber sie zu beherrschen und zu bedenken, ist möglich und fügt Diablo 2 eine weitere Dimension hinzu. Nichts davon stellt eine unüberwindbare Herausforderung dar. Dafür unterstützt es die grausame Grundstimmung des Spiels.
Die neue modernisierte Grafik ist den Entwicklern von Vicarious Visions toll gelungen. Das Spiel sieht so aus, wie man sich zu erinnern glaubt, dass es damals ausgesehen hat. Soll heißen: Es repräsentiert perfekt die Seele des Originals, ist wie ein realer nostalgischer Filter über der originalen Grafik. Vicarous Visions sind eine Entwicklerfirma, die auf Remakes und Remaster spezialisiert ist und vor kurzem von Activision-Blizzard aufgekauft wurde. Mit einem Tastendruck lässt sich die Grafik auf ihr klassisches Erscheinungsbild umschalten. Da erschrickt man richtig, wie pixelig das Spiel damals aussah und wie steif die Animationen wirkten. Anders als beim Warcraft 3 Remake, scheinen die Entwickler wirklich verstanden zu haben, was den Look des Spieles ausmachte und haben diesen ins Jahr 2021 transportiert. Die dunkeln Mausoleen, die lebensfeindlichen Wüsten und der giftige Dschungel sind schön anzusehen und verbreiten gleichzeitig, die unbequeme Stimmung und den Horror des Originals.
Weniger erfreulich war zum Launch die Server-Situation. Diablo 2 ist ein Spiel, das man am besten mit bis zu drei anderen Spielern online genießt. Das gemeinsame Gameplay war für ein Spiel aus dem Jahr 2000 so gut umgesetzt und spaßig, dass sogar bis heute noch auf privaten Servern gespielt wurde. Die Hardcore-Fans waren also zurecht enttäuscht, dass zum Launch gleich mal die Server nicht mitspielen wollten. Das Erstellen von Online Charakteren funktionierte nicht richtig, man wurde immer wieder vom Spiel getrennt und musste sich, um ein gutes Spielerlebnis zu haben, auf den Singleplayer Offline-Modus beschränken. Wenige Stunden nach dem Erscheinen wurde das Problem zwar zum Teil behoben, aber ganz stabil ist das Ganze immer noch nicht. Das kann sich natürlich über die nächsten Tage ändern.
Diese gelungene Neuauflage gibt Blizzard einen Moment zum Durchatmen. Eine Lawine von Skandalen und schlechten Neuerscheinungen über die vergangenen Jahre hatten die Firma ziemlich in Bedrängnis gebracht. Aber als gerettet sollte man Blizzard immer noch nicht ansehen. Haben sie doch diesen Erfolg eher Vicarious Visions als sich selbst zu verdanken. Trotzdem gibt Diablo 2: Resurrected Grund zur Hoffnung, dass nach dem eher enttäuschenden Diablo 3 von 2012, die Wünsche der Diablo-Fans wieder verstanden werden und Diablo 4, das in den kommenden Jahren erscheinen sollte, sich wieder an seine Wurzeln annähert.
Diablo 2: Resurrected ist ein rundum gelungenes Remaster, das genau das ist, was es sein sollte: Ein signifikantes und wunderschönes Grafikupdate, das das Gameplay unangetastet lässt und alten wie neuen Fans erlaubt, wieder online oder alleine gegen die Streitkräfte der Hölle in die Schlacht zu ziehen.
Diablo 2: Resurrected ist seit 23. September um 39,99 Euro für PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series und die Switch erhältlich.
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Fotos: (c) Activision/Blizzard