Hollywood holt Stephen Kings tödliche Spielshow The Running Man aus der Versenkung. Schon 1987 lief eine Verfilmung der dystopischen Story, die der Meister des Horrors noch inkognito als Richard Bachman schrieb. Damals war die Menschenjagd grobschlächtig auf Arnold Schwarzenegger als Sprücheklopfer zugeschnitten – mit mittelmäßigen Resultaten. Diesmal übernimmt Edgar Wright das Steuer.
von Klaus Kainz
Fans von Kings düsterer Romanvorlage müssen stark sein: Auch der für Shaun of the Dead und Baby Driver bekannte Filmemacher Wright macht aus The Running Man eine schwarze Actionkomödie, wie schon das Original mit Arnie. Handwerklich leistet er saubere Arbeit, von der Aufmachung schlägt er die alte Fassung locker. Nur bei der Story sieht das überraschenderweise anders aus.

Amerika ist buchstäblich zweigeteilt. Die Unterschicht lebt in Ghettos, die obere Klasse absolviert hinter einer riesigen Absperrung ihren Alltag. Allerdings bietet die Cyberpunk-Dystopie eine ganz spezielle Aufstiegschance: Fast alle Menschen sind vernarrt in lebensgefährliche Gameshows, die mit großen Preisen locken. Die bekannteste Show heißt “Running Man”.
Dort müssen Kandidaten gegen Elitesoldaten überleben, die sie kontinuierlich jagen und dann brutal hinrichten. Protagonist Ben Richards, diesmal gespielt vom aus Top Gun: Maverick bekannten Glen Powell, lässt sich blöderweise einlullen. Denn ohne die Gameshows kann er seine Familie nicht versorgen und “Running Man” reizt plötzlich doch zu sehr.

Rein als Action-Zeitvertreib macht das neue Running Man viel richtig. Nicht zuletzt dank moderner Filmtechnik funktioniert der Streifen nun besser als die alte Version, die trotz Schwarzenegger in der Hauptrolle nicht das größte Budget hatte. Die futuristischen USA sind insgesamt gut in Szene gesetzt. Besonders die Ghettos sehen schön rustikal aus, die knalligen Gameshow-Elemente fügen sich oft nahtlos ein. Nur manche Innenräume wirken ein bisschen künstlich und grell.
Außerdem weiß Wright, Action zu inszenieren. Trotz zwei Stunden Spieldauer ist The Running Man großteils flott erzählt, sei es dank abwechslungsreicher Stunts und Kämpfe, gelegentlicher Gags und parodistischer Werbespots. Außerdem hält der Soundtrack das Tempo oben. Die Immersion bricht während der Action nur manchmal, wenn die Elitesoldaten einfach nicht zielen können. Dadurch wirkt es weniger so, als ob Richards seine Feinde überlistet, sondern eher, als hätte er einfach viel zu viel Glück.

Richards treibt vor allem eins: Wut. Als “wütendster Kandidat” des Running Man wird er eingeführt und Powell bringt das solide rüber. Dass er das schauspielerische Handwerk besser drauf hat als Schwarzenegger, versteht sich von selbst (bei aller Liebe). Allerdings wirkt er oft mehr genervt als wütend – was dann wiederum als Filmzuschauer anstrengend wirken kann. Colman Domingo und Josh Brolin als fiese TV-Hosts und -Produzenten liefern die besten Performances im Film. Kleiner Spoiler: Ein Schmankerl für Schwarzenegger-Fans bietet die Neuverfilmung auch.
Als politische Mediensatire säuft der Streifen allerdings ab – obwohl das der Film sein will. Eine Cyberpunk-Welt, in der das lineare Fernsehen Menschen noch immer an den Bildschirm fesselt, wirkt einfach aus der Zeit gefallen. Kein Charakter nutzt Smartphones, niemand tweeted, es gibt keine Podcasts oder Reaction-Streams zum bösen Gameshow-Spektakel. Alles dreht sich um Einschaltquoten, TV-Werbung, Kardashian-artiges Trash-TV und fiese Fernsehproduzenten.

Als käme die Medienkritik direkt aus den 70ern oder 80ern. Die erste Variante The Running Man war mit seinen gelegentlichen Parodie-Werbespots und Wrestling-artigen Gegenspielern damals auch nicht auf einer Höhe mit Robocop, das ein ähnliches Konzept deutlich smarter umsetzte. Wäre die Neuverfilmung von The Running Man früher erschienen, wäre diese alte TV-Kritik nun durchaus dem Original überlegen. Nicht aber im Erscheinungsjahr 2025.
Der alte Filmnerd Edgar Wright scheint soziale Medien verschlafen zu haben. In der Propagandamaschine innerhalb der Story kommen immerhin Deepfakes und gefälschte Videos zum Einsatz. Ironischerweise nutzten die Bösewichte solche Deepfakes bereits im Schwarzenegger-Original, das somit 1987 tatsächlich innovativer war.
Stattdessen gibt es in der Neufassung Seitenhiebe gegen die krude Rhetorik von manchen Trump-Fans und den Appell, dass wir natürlich alle gleich sind. Das ist weder einfallsreich, noch sonderlich ausgeklügelt. Bestenfalls rennt The Running Man damit offene Türen ein.

Als reines Action-Spektakel funktioniert The Running Man mit moderner Technik tatsächlich besser als in den 80ern. Wright weiß die Geschichte trotz Überlänge dynamisch zu erzählen, die Cyberpunk-Dystopie in Szene zu setzen und an der richtigen Stelle Musik einzusetzen. Allerdings hat er den Anschluss an die moderne Medienwelt verpasst. The Running Man ist nämlich auch Mediensatire, schießt aber an modernen Zielgruppen völlig vorbei. Vielleicht mag das Spielshow-Konzept den Nerv mancher Fans von Squid Game treffen. Aber lineares Fernsehen und Keeping up with the Kardashians zu parodieren, ist einfach nicht mehr zeitgemäß.
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Der Redakteur (APA, Helden der Freizeit) und Videospiel-Blogger reviewed für uns vor allem Games, Serien und Filme - ist aber auch so manchem Naturausflug nicht abgeneigt.
