Wir waren für euch bei der Die Legende der TITANIC – Ausstellung in der Wiener Marx Halle und haben die “immersive experience” für euch getestet. Tragisches Unglück und familienfreundliche Unterhaltung mit viel Technik und VR Brillen – kein leichter Spagat. Passt das zusammen? Über den Mehrwert der Ausstellung und einen faden Beigeschmack.
von Verena Fink und Kirstin Kriz, 4. 10. 2025
“Die Zielgruppe ist die ganze Familie”, so erklärt uns der Kurator der Juan Cruz Ercoreca. Dieser Satz ist wichtig zum Vorausschicken. Die Ausstellung ist nämlich mit einem eigenen “Kids-Room” ganz klar auf diese Zielgruppe angepasst und hat mit den vielen immersiven Erlebnissen einen klaren Fokus. Und das schafft die Ausstellung auch: Coole Projektionen hier, lustiger VR-Raum da – an interaktiven Späßen fehlt es hier keinesfalls. Und inhaltlich? Hier liegt eindeutig die Schwachstelle.
Wir wurden durch die Ausstellung geführt – was euch erwartet, warum es uns nicht ganz überzeugt hat.
Die Legende der TITANIC immersive Experience in der Marx Halle versteht sich als “Multimediales Erlebnis” bei dem “Technik, Emotion und Zeitgeschichte” miteinander verbunden werden. “Es gibt Augmented und Virtual Reality, ein begehbares Metaversum, detailgetreue Nachbildungen sowie 360°-Projektionen” rund um den Unfall des weltbekannten Schiffes im Jahr 1912.
Beginnen wir ganz vorne: Die “experience” beginnt bei der dritten Klasse. Ein Raum, einfach gehalten, mit Infotafeln an der Wand über das “Reiseerlebnis” der “dritte Klasse”-Passagiere des Schiffes. Wieviel kosteten die Tickets, wer trug was, wie war die Fahrt besonders für die Kinder? So erfährt man, dass der Preis für die 1. Klasse heutigen 12.000 Euro und für die günstigte Klasse 700 Euro entsprach. Der Text der Infotafeln ist mitunter sehr einfach gehalten und formuliert, da natürlich auch viele Kinder die Ausstellung besuchen, manche Sätze wie “Die Reichen waren extrem reich und die Armen sehr arm.” wirken allerdings auch ein bisschen “dahingeschrieben”.
Nun endlich! Der erste Raum mit VR-Brillen Erlebnis kommt auch sehr schnell: “Das letzte Lied des Orchesters”. Eigens für die Ausstellung wurden neue Stücke komponiert, die von den Melodien des “letzten Tages” inspiriert sind, gibt es übrigens auch auf Spotify nachzuhören. VR-Brille auf: Animationen von Musikern verstärkt mit dem Sound des engagierten Orchesters. Die Animationen sind nett anzusehen und in die musikalische Begleitung scheint wirklich viel Arbeit geflossen zu sein.
Ein besonders wichtiger Teil der Ausstellung ist der Kids-Room – nun sind wir schon etwas fortgeschritten in der Ausstellung. Es gibt ein Spiel, in dem man auf einem großen Screen ein Schiff an Eisbergen vorbeilenken muss und eigene Zeichen-Ecke, in der man sein eigenes Schiff gestalten kann, das daraufhin auf einem großen Bildschirm neben der Titanic herumtuckert. Auch ein Foto-Booth gibt es, man kann Fotos machen auf oder unter der Titanic. Eines der Bilder seht ihr im Artikel.
Immersive Highlights! Einer der zwei visuell ansprechendsten Räume ist der daraufhin folgende 360 Grad Projektions-Raum, der bei den wechselnden immersiven Ausstellungen in der Marx Halle ja immer das Herzstück bildet. Hier wird diesmal die Geschichte der Titanic, aufgehängt auf das Schicksal der Passagiere Arthur Callahan und seiner Tochter Elisabeth, nacherzählt. Das Ganze ist familienfreundlich gestaltet. Am Ende der Ausstellung gibt es noch einen Metaverse-Raum, indem man mit VR-Brille herumgehen – und dabei die Titanic (bevor sie sinkt) entdecken kann. VR-Brille auf und los geht das Titanic-Erlebnis on Board! Einmal durch alle Klassen durch, durch den Maschinen Raum und dann nochmal den Ausblick genießen. Nachdem meine VR-Brille beim ersten Anlauf nicht funktioniert hat, klappt es dann aber beim zweiten Mal.
Eine provokante Frage: Kommt bald „Immersive 9/11“ oder „Immersive Hiroshima“? Das Prinzip scheint mir fragwürdig: Man nimmt eine Katastrophe mit über 1.500 Toten, wartet ein Jahrhundert ab – und verwandelt sie in ein Spektakel, aus dem man Profit schlagen kann. Mich erstaunt, wie schnell zeitlicher Abstand Opfer durch Ausstellungen wie diese entmenschlichen und zur “experience” machen kann. Nach über 100 Jahren wirkt es plötzlich weniger wichtig, wie eine Tragödie dargestellt wird. Würde ein Schiffsunglück, das erst drei Jahre zurückliegt, genauso als immersive Ausstellung funktionieren? Vermutlich nicht.
Natürlich spielt Nostalgie eine große Rolle. „Ein Mythos wird lebendig: Die Legende der TITANIC“ – dieser Slogan zieht. Aber warum überhaupt Mythos? Bei aller nachvollziehbaren Faszination rund um die Thematik, darf die Frage erlaubt sein: Was macht eine reale Tragödie mit über 1.500 Todesopfern zu einem Mythos?
VR-Erlebnis, 360 Grad Projektionen, interaktive Spielchen – das alles bekommt man und besonders hat man vermutlich als Kind sehr viel Spaß dabei. Das ist auch das Ziel der Ausstellung. Abseits davon: Leider drifted das Ganze oft in ein geschmackloses Vorzeigen ab und bietet inhaltlich sehr wenig Mehrwert. Also: Wer den technischen Aspekt spannend findet und immersive Ausstellungen mag, wird hier bedient. Wer auf tiefere Auseinandersetzung mit dem historischen Ereignis und der Tragödie hofft, wird enttäuscht.
Dass es bei einem solchen Ereignis nicht einfach ist, familienfreundlich zu bleiben und gleichzeitig historisch alles akkurat abzubilden, ist natürlich klar. Im Vergleich zu vorangegangenen immersiven Ausstellungen in der Marx Halle ist auch diese ähnlich zu ihren Vorgängern. Unser Highlight, das leider 4 Euro Aufpreis verlangt, war definitiv der virtuelle Rundgang durch das Schiff. Dabei verlierst du wirklich den Bezug zur Realität und kannst vollends in die “Faszination Titanic” eintauchen. Das ist auch eine neue Station, wenn man die vorangegangenen Ausstellungen betrachtet, und wirklich toll gelungen. Für Leute, die Titanic Fans sind oder noch nie eine “immersive experience” besucht haben, ist die Ausstellung sehenswert, während sie für andere ein wenig makaber wirken kann. Kinder haben bestimmt Spaß und viel zu entdecken, werden allerdings nicht wirklich mitbekommen, wie tragisch das Ereignis damals wirklich war. Ob man das gut oder schlecht findet, muss schlussendlich jede:r selbst entscheiden.
Die Ausstellung ist aus unserer Sicht recht teuer (für Erwachsene etwa 25 – 30 Euro), wobei dies vielleicht wieder mit dem technischen Aspekt der Ausstellung zusammenhängt. Für die Metaverse – also den Rundgang mit VR-Brille, zahlt man nochmal vier Euro drauf. Für ein Foto (oben eingeblendet) bezahlt man 9,90 Euro. Zu finden ist die Ausstellung in der Marx Halle in Wien.
Laufzeit der Ausstellung: 1. Oktober 2025 bis Jänner 2026.
Website und Ticketbuchung: Die Legende der Titanic – Die immersive Ausstellung – Wien – Tickets | Fever
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