The Office und Parks and Recreation-Schöpfer Greg Daniels schickt eine neue Arbeitsplatz-Crew in den Wahnsinn. Aber diesmal zündet das Material nicht. Unsere Kritik zur Serie The Paper, die seit 5. 9. auf Sky zu sehen ist.
von Susanne Gottlieb, 5. 9. 2025
Die britische Serie The Office, die Anfang der 2000er entstand, war ein Kulthit, der zahlreiche Ableger quer auf der Welt inspirierte. Die Version in den USA mit Steve Carrell in der Hauptrolle, lief von 2005 bis 2013 und porträtierte den Alltagswahnsinn der Angestellten in einem Großraumbüro des Papiergroßhändlers Dunder Mifflin Inc. in Scranton, Pennsylvania. Die Memes der legendärsten Szenen unterhalten bis heute das Netz.
Nun, zwölf Jahre später, findet das Mockumentary-Format, dass Showrunner Gred Daniels auch in seiner anderen Workplace-Comedy Parks and Recreation anwendete, und das generell mit Modern Family im Paket in den 2000ern seinen Höhepunkt hatte, wieder seinen Weg auf die kleine Leinwand. Mit dem Ableger The Paper will er nun an einstige Erfolge anknüpfen. Wie gelungen das Endprodukt ist, das erfährt ihr hier.

Zwölf Jahre nach einer Papierfabrik gibt es nun eine Tageszeitung. Das Kamerteam aus The Office hat ein neues Opfer gefunden für seinen “Dokumentarfilm”. Diesmal findet sich die Crew aber nicht in Scranton, Pennsylvania ein, sondern in Toledo, Ohio, bei der Regionalzeitung Toledo Truth-Teller. Dieser hat sich über die Jahre von einem respektablen Medium zu einer Ansammlung an Presseaussendungen und fragwürdigem Clickbait entwickelt.
Just neu in der Chefetage ist Chefredakteur Ned Sampson (Domhnall Gleeson), ein Journalist der alten Schule mit Leidenschaft für die Wahrheit, der die Zeitung mit echten Geschichten aus der Stadt beleben will. Das passt der Geschäftsführerin Esmeralda Grand (Sabrina Impacciatore) eher weniger. Die resolute Italienerin hatte es sich mit dem wenig journalistischen Aufwand im Büro schon gemütlich gemacht.
Sonst im Team ist Mare Pritti (Chelsea Frei), das einzige andere Mitglied mit journalistischer Erfahrung, Detrick Moore (Melvin Gregg), Nicole Lee (Ramona Young) und die Buchhalter Adelola Olofin (Gbemisola Ikumelo), Adam Cooper (Alex Edelman) und, bekannt aus The Office, Oscar Martinez (Oscar Nunez). Ken Davies (Tim Key) ist ebenfalls ein stets kritisches, aufs Budget schauendes Mitglied der Chefetage. Inmitten dieses Haufens an unerfahrenen Reportern in spe und Chaoten versucht Ned nun, eine seriöse Zeitung aufzubauen und die kleinen Dramen des Alltags zu navigieren.

Idealist statt ungelenker Narzisst. Die hochgepushte Arbeitsethik der Amerikaner hat wohl abermals bei Serienschöpfer Greg Daniels gewonnen. Der bequeme Michael Scott war auch eher ein Erbe der britischen Vorlage, bereits bei Parks and Recreation hatte Daniels mit Leslie Knope eine übermotivierte, stets am Rad drehende Beamtin geschaffen. Obwohl Gleesons Ned weniger ein Exzentriker ist, sondern ein romantischer Idealist, der noch an die hohen Ideale des Journalismus glaubt und mit einer Schreibmaschine in sein Büro einzieht.
Ein motivierter Journalist mag ja gut sein. Doch Ned ist so ein althergebrachtes Klischee einer vergangenen Ära, das man wirklich bei Daniels anklopfen wollen würde um zu fragen, ob er weiß, dass wir im Jahr 2025 leben. In einer Zeit von Budgetkürzungen, politischer Färbung, KI, Clicks, Page Visits und Agenturmeldung-Abschreiben. Zudem pendelt seine Charakterzeichnung zwischen abgebrühtem Macher und blinder Traumtänzer und People Pleaser, der nicht erkennt, dass Esmeralda ihn loswerden will.
Ein paar dieser Momente finden sich auch geschickt in der ersten Episode wieder. Im Haus wird nur mehr abgeschrieben oder mit viel Werbung alles zugekleistert. Die Wenigen, die eine Ausbildung haben, leiden unter den Bedingungen. Doch Daniels will nicht wirklich etwas über den harten Arbeitsalltag einer Zeitung erzählen. Dass beim Toledo Truth-Teller nur kein professionelles Team mit Journalistenausbildung sitzt, sondern Leute, die “halt irgendwie dort gelandet sind”, mag der Realität nachempfunden sein. Doch Daniels setzt auf billigen Humor und die minimalste geistige Herausforderung. Bei ihm wird jeder Reporter-Anwärter ein kleiner Dodl, der nicht versteht, warum man mehrere Zitate aus mehreren Quellen einholen sollte, dass Leute lügen könnten, oder der Schilder nicht richtig lesen kann.

Das hat vielleicht ein paar amüsante Momente, stellt jedoch die Frage, ob der Humor nicht subtiler und gezielter hätte sein können. In The Office mögen die Angestellten Egozentriker, Zyniker, depressiv oder chaotisch gewesen sein. Aber sie hatten eine Ahnung von dem, was sie machten. Wenn sie überhaupt was machten. Die Essenz der Vorlage, schon in Großbritannien, war stets, dass dieser Bürojob einem mit seiner Monotonie und dem unfähigen Boss die Seele aus dem Leib saugt. Etwas, was viele Menschen wohl aus ihrem Alltag kennen. Hier entfaltet sich das Ganze eher als eine wirre “Grassroots”-Bewegung, aus einem bunten Haufen Quereinsteiger ein News-Team zu basteln.
Wenn man damit leben kann, erfreut man sich zumindest an dem durchaus sympathischen Cast, allen voran Domhnall Gleeson, der sich durchaus bereits seine Sporen in Film und Fernsehen verdient hat. Oscar Nunez ist ebenfalls eine willkommene Rückkehr eines alten Gesichts. Ob der Stil der Mockumentary noch aktuell ist oder schon ein wenig verbraucht, darüber lässt sich streiten. Faktum ist, er ist über die Jahre sehr cineastisch geworden, das “authentisch eingefangene” wirkt reduzierter als noch 2005. Dennoch, die Hoffnung, dass die Serie sich im Laufe der Zeit noch fängt, bleibt.
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Mehr InformationenThe Paper hat ein paar gute Ansätze und Ideen. Aber an den Figuren und den Witzen könnte man trotzdem noch arbeiten.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.
