Die Seefestspiele Mörbisch bringen 2024 eine Neuinszenierung von My Fair Lady. Wir waren für euch bei der Premiere und haben uns das Musical angesehen. Ob sich der Besuch lohnt und was du beachten solltest, um den Abend entspannt zu genießen, verraten wir dir in unserer Kritik.
von Sabrina Farkas, 16. 7. 2024
Genau 60 Jahre ist es her. Da feierte der gleichnamige Film mit Audrey Hepburn seine Premiere, das Originalmusical stammt sogar aus 1956 mit einer im Jahr 1912 angesiedelten Handlung. Von 11. Juli bis 17. August 2024 ist die Neuinterpretation mit Wiener Slang, aber vor Londoner Kulisse am Neusiedler See im Burgenland zu sehen.
Ob sich dieser Spagat ausgeht und was du für deinen Musicalabend beachten solltest, erfährst du hier.
Übrigens: Auf diese Musicals kannst du dich 2025 in Wien freuen
Eliza Doolittle arbeitet als Blumenverkäuferin in London und spricht, wie ihr der Mund gewachsen ist. So trifft sie auf den Linguistik-Professor Henry Higgins. Dieser wettet mit seinem Freund Colonel Pickering, dass er aus Eliza eine Dame machen kann, indem er ihr Sprachunterricht gibt.
Die Wette gilt, denn die junge Frau nimmt die Herausforderung an, um ihrem Milieu und der damit verbundenen Armut zu entkommen. Und tatsächlich erlebt sie eine wundersame Wandlung – aber natürlich nicht ohne Hindernisse.
Schon 2009 war My Fair Lady bei den Seefestspielen in Mörbisch zu sehen. Die von Christian Frank musikalisch und von Johannes Glück textlich überarbeitete Version für die Aufführungen 2024 spielt ebenfalls in London. Die Freiheitsstatue, die beim Eingang steht, kommt daher nicht zum Einsatz: Sie stammt von der Aufführung von West Side Story im Jahr 2021.
Heuer ziert die Kulisse zur Verortung des Stücks hingegen der Big Ben im Hintergrund. Das Bühnenbild selbst ist wandelbar und wird in kürzester Zeit von einer Londoner U-Bahn Station zum Pub, einer Loftwohnung, Häuserzeile, Kunstgalerie oder der Pferderennbahn in Ascot. Auch typisch britische Autos befahren die Bühne und sie bietet dem großen Ensemble in bunten Kostümen reichlich Platz für Tanz- und Gesangseinlagen. Sogar eine kurze, luftakrobatische Performance sorgt für Abwechslung.
Im Gegensatz zum 1960er Jahre Film ist das neu inszenierte Musical ins Jahr 2018 versetzt und überraschenderweise mit Wiener Dialekt und diversen Verbindungen zur Österreich bestückt worden – ein Widerspruch, der im Stück nicht näher erklärt wird. Das mutet für einige Zuschauer:innen eigenartig an, während andere den Frischekick feiern. Die Klassiker unter den Musicalsongs sind immerhin dieselben geblieben und die grünen Haare stehen der Hauptdarstellerin außerordentlich gut.
Als Eliza Doolittle, kurz “Liza”, steht Anna Rosa Döller schon zum zweiten Mal in Folge als Hauptdarstellerin auf der Bühne der Seefestspiele und brilliert mit ihrer wundervollen Stimme, die aber vor der Hintergrundmusik teils schwer zu verstehen ist. Publikumsliebling Mark Seibert gibt als Professor Higgins die männliche Hauptrolle. Lizas Vater, Alfred Doolittle, wird sehr authentisch von Herbert Steinböck dargestellt.
Ramin Dustdar ist als Oberst Pickering zu sehen und nicht nur zur großen Freude von Generalintendant Alfons Haider steht der genesene Dominik Hees wieder auf der Bühne am See, diesmal als Freddy. Marika Lichter spielt als Mrs. Higgins sehr überzeugend die Mutter des Professors und Dolores Schmidinger gibt eine geniale Queen Elizabeth ab.
Der Einlass beginnt zweieinhalb Stunden vor Spielbeginn. Um diese Uhrzeit sind bei unserem Besuch noch reichlich kostenlose Parkplätze beim Festspielgelände vorhanden. Sobald diese voll sind, leitet die Polizei alle Besucher, die mit dem Auto kommen, zum Parkplatz bei der Feuerwehr um. Von dort gibt es kostenlose Shuttlebusse oder man spaziert eine halbe Stunde zu Fuß.
Vor und nach der Aufführung kann man, ebenso wie während der 30-minütigen Pause, Getränke und Snacks erwerben. Hierfür sollten sowohl Bankomat- oder Kreditkarte als auch Bargeld mitgebracht werden, denn je nach Anbieter wird oft nur eine bestimmte Zahlungsart akzeptiert. Für 0,33l Weißen Spritzer werden 4,90 Euro verrechnet, etwas über 10 Euro für ein Speckstangerl und eine Brezen.
Von unseren Sitzplätzen, ziemlich mittig in der 26. Reihe, hatten wir alles gut im Blick. Mimik und kleinere Details konnten wir jedoch nicht erkennen. Näher an der Bühne als in der 16. Reihe sollte man, wie wir gehört haben, aber nicht sitzen, da man sonst keinen guten Überblick mehr über das gesamte Geschehen hat.
Wer wenig Sitzfleisch hat, sollte für die harten Metall-Klappstühle im Publikumsbereich eigene Sitzkissen mitbringen. Auch ein Insektenspray ist nicht verkehrt, obwohl durch das Sprühen am Festspielareal relativ wenige Quälgeister auf die Haut der Zuschauer:innen gelangen.
Laut Angaben der Organisatoren gibt es keinen Dresscode für die Seefestspiele, man sollte die Kleidung lieber der Witterung entsprechend wählen. Denn es wird versucht, die Aufführung ungeachtet des Wetters durchzuführen, Regenschirme aufzuspannen ist währenddessen jedoch nicht erlaubt. Ebenfalls verboten ist es offiziell, Flaschen und Gläser in den Publikumsbereich mitzunehmen.
Die Seefestspiele sind mit einem barrierefreien Hörsystem ausgestattet. Rollstuhlfahrer:innen oder Gäste mit Rollator sowie Personen mit Seh- oder Hörbehinderung sollten die Ticketbuchung nicht über den Onlineshop, sondern telefonisch oder per E-Mail vornehmen. So kann das Team der Seefestspiele die Besucher:innen bestmöglich bezüglich der Sitzplatzwahl beraten.
Einmal die Seefestspiele Mörbisch zu erleben ist auf jeden Fall eine tolle Sache. Für die heurige Saison ist nicht nur Traditionalisten und Fans des Films aber zu raten, sich das neu inszenierte Stück mit sehr offenem Geist anzusehen, denn der Spagat zwischen Wiener Slang und Londoner Setting ist sehr groß. Wir hatten jedenfalls Schwierigkeiten damit, uns auf die Neuinszenierung einzulassen.
2025 kommt übrigens Saturday Night Fever auf die Seefestspiel-Bühne. 15% Gutscheine hierfür werden vor Ort verteilt und nach dem Besuch von My Fair Lady auch per E-Mail versandt. Übrigens: Auch dieses Sujet ziert wieder Anna Rosa Döller – möglicherweise steht der talentierten Darstellerin demnach eine dritte Saison in Folge als Hauptakteurin bevor.
Factbox: Alle Infos zu den Seefestspielen Mörbisch
Adresse: Seebühne, Festspielgelände 1, 7072 Mörbisch am See
Preis: ab 32 Euro für Erwachsene; Ermäßigungen für Kinder, Jugendliche, Studenten und Rollstuhlfahrer inkl. Begleitung
Spielzeiten: Mittwoch bis Sonntag, im Juli um 20:30 Uhr, im August um 20:00 Uhr
Dauer: 3 Stunden und 30 Minuten inklusive Pause
Anreise: Mit dem Auto oder Bus Shuttle von Wien oder Eisenstadt
Link für weitere Infos: Website der Seefestspiele Mörbisch
In Wien sind derzeit Das Phantom der Oper und Rock me Amadeus zu sehen. Was das heurige Jahr den Musical Fans sonst noch zu bieten hat, erfährst du in unseren weiteren Berichten:
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Alle Fotos: (c) heldenderfreizeit.com
Als Luftakrobatiktrainerin und Yogalehrerin darf ich jeden Tag meine Begeisterung mit meinen Schülerinnen teilen. Das Schreiben liebe ich schon seit meiner Jugend. Seit 2020 schreibe ich Gastartikel für Magazine und Kurzgeschichten auf story.one, aus denen bereits zwei Analogien entstanden sind. Außerdem erkunden mein Mann und ich, so oft wir können, auf Reisen die Welt.