Das Spiel „Meisterwerke“ kritzelt den kleinsten Funken Begabung aus einem heraus. Um zu punkten, braucht’s aber eh kein Talent.
von Kla Linea
Die Sanduhr läuft! Die angehenden Großmeister skizzieren und kritzeln mit Feuereifer. Inspiriert werden sie durch den Meister, der ihnen die Kunstwerke detailgetreu ansagt. Denn, wer Großes schaffen will, muss erst mal klein anfangen. Viel Zeit bleibt nicht. Sie rinnt förmlich davon.
Und danach? Eine gnadenlose Jury prüft mit kritischem Blick jedes Bild. Kein Detail bleibt unbemerkt, sofern es überhaupt da ist. Denn Punkte für sein Kunstwerk verdient nur der, der auch wirklich Talent – ähm, räusper, räusper – alles zu Papier gebracht hat.
Meister, sag an!
Die Vorbereitungen für das Zeichenspiel „Meisterwerke“ (zuvor „Identik“) sind minimal. Jeder angehende Künstler erhält einen Zeichenblock und einen Bleistift. Mehr braucht es nicht. Die sollen erst einmal klein anfangen! Der Meister hingegen erhält Sanduhr, Wertungsblatt und den 10-seitigen Würfel, mit dem er willkürlich bestimmen kann, welcher der zehn Bewertungskriterien einen Zusatzpunkt Wert ist.
Anschließend zieht der Meister verdeckt eine Bildkarte und schiebt sie in die Kartenabdeckung, sodass er nur noch das Bild, aber nicht die zehn Auswertungskriterien, sehen kann. In seiner Gnade liest der Meister den Titel des Bildes vor. Dann dreht er langsam die Sanduhr um, denn 60 Sekunden reichen ihm, die Bildkarte zu beschreiben. Die Künstler hingegen müssen sich ranhalten, um das Gehörte zu Papier zu bringen.
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So viele Künstler, so viele Kritiker
Ist die Zeit um, muss das Kunstwerk – fertig oder nicht – an seinen Mitbewerber (= Sitznachbar) zur Bewertung weitergereicht werden. Der Meister geht nun der Reihe nach die zehn Bewertungskriterien durch (= werden vorgelesen). Das sind meistens nicht unbedingt die naheliegendsten Dinge. So kann beispielsweise ein Kriterium lauten: “Auf dem Bild befinden sich drei Wolken rechts vom Haus” oder “Die Katze hat mindestens drei Streifen.”
Sind die Details auf dem Bild vorhanden, gibt es vom wohlwollenden bis missgünstigen Kunstkritiker (= derselbe Sitznachbar) je einen Punkt. Einen Zusatzpunkt vergibt der Kritiker außerdem, wenn das Bild den vorher ausgewürfelten Bonuspunkt erfüllt. Auch dem Meister werden Punkte gutgeschrieben. So bekommt er für jeden erfüllten Punkt pro Bewertungskriterium – es reicht ihm, wenn nur einer zugehört hat und es in einem der Bilder aufgegriffen wurde – auch einen Punkt. Die erreichten Punkte werden auf dem Wertungsblatt notiert, und Runde bereitet sich auf den Höhepunkt vor.
Kunstausstellung!
Der Meister präsentiert das Original, die Künstler ihre laienhaften Ausführungen. Da Fairness in der Kunstwelt hoch angeschrieben ist, darf nun der Reihe nach, jeder einmal Meister und Künstler sein. Wo kämen wir denn sonst hin?
Talent oder kein Talent? Das ist nicht die Frage.
Ob man für „Meisterwerke“ Talent zum Zeichnen haben muss? Nein, das braucht es definitiv nicht. Die Erfahrung hat gezeigt, dass auch Künstler, die nur Strichmännchen zu Papier bringen, genauso viele Punkte für ihre Bilder abkassieren können, wie jene, die „schön“ malen. Schneller sind sie außerdem!
Titel: Meisterwerke
Verlag: Asmodee, 2009 (nominiert „Spiel des Jahres 2010“)
Spieleranzahl: 3–6 Künstler
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
26,94 Euro bei Amazon
Mit Strichmännchen zum Erfolg. Lustig ist es immer, auch wenn kein Talent am Tisch sitzt.
Fotos: heldenderfreizeit.com, Days of Wonder