Etwa 100 km nördlich von Wien, nahe der tschechischen Kleinstadt Auspitz (Hustopeče), befinden sich ausgedehnte Lavendelfelder. Sie punkten mit ihrer offenen Lage und einem Panoramablick. 4 Hektar groß messen sie das Doppelte der größten Lavendelanbaufläche Österreichs und reichen bis zum Horizont.
Ich verrate dir in Teil 12 meiner Serie Grenzgänger, wie du zu den fotogenen Lavendelfeldern, den unzähligen Mandelbäumen und in die nahe Mährische Toskana kommst, die ihren Beinamen sanften Weinhügeln verdankt. Und welche romantischen Sehenswürdigkeiten, Aussichtswarten und Winzer es hier sonst zu entdecken gibt. Wieder inklusive Insidertipps, kulinarischen Empfehlungen und einer praktischen Karte zur Orientierung. Auf einem kurzen Video hier auf Instagram und hier auf TikTok kannst du dir einen ersten Eindruck verschaffen.
von Martin Kienzl
Lavendelblüte in der Provence! Ein Satz, der Menschen seit Generationen zum Träumen bringt. Vor dem geistigen Auge erscheinen sofort Bilder eines lilafarbenen Blütenmeers. Und du riechst den herrlichen Sommerduft von Lavendel.
Um das zu erleben, musst du aber nicht mehr bis ans Mittelmeer fahren. Durch das immer wärmer werdende Klima gedeiht Lavendel auch in unserem Raum so prächtig, dass er nicht mehr nur an Kloster- und Hauswänden, sondern auch am offenen Feld gepflanzt wird. Zwischen Alpen und Karpaten, darunter Ostösterreich, gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Feldern. Das größte davon befindet sich nahe dem südmährischen Hustopeče. Seit dem dritten Jahrhundert wird in dieser Region, der Mährischen Slowakei (Slovácko), Weinbau betrieben. Seit dem 17. Jahrhundert bewirtschaftet man Mandelbaumplantagen, die in ihrer Größe für Zentraleuropa einzigartig sind.
Seit den 2010er-Jahren wird Lavendel auf violett-strahlenden Feldern angebaut, in Zentraleuropa früher ausschließlich in Hausgärten gezogen. Der Name Lavendel kommt vom Lateinischen lavandula, abgeleitet von lavare (waschen). Weil man die Blüte dem Waschwasser, für Wäsche wie für Bäder, zusetzte. Bis in die 1960er Jahre gab es in Wien die Lavendelweiber, die ihren Garten-Lavendel in einem legendären Singsang ausriefen.
Die Lavendelfelder der Bio-Lavendelfarm Lavendel aus Mähren (Levandule z Moravy) bei Klein Steurowitz (Starovičky), 25 km von der Grenze entfernt, sind imposant. Ausgedehnte Felder, so wie du sie dir erträumst. Wenn du in ihnen stehst, stellt sich tatsächlich Provence Feeling ein. Noch dazu liegen die langen Zeilen von Lavendel in einer zum Fotografieren perfekten Lage. An einem sanft ausgebreiteten Hang, mit einem herrlichen Blick auf die Pollauer Berge. Sie haben wir dir in Teil 1 unserer Serie Grenzgänger Pálava – Tschechiens Zauberberge vor der Haustür vorgestellt.
Seit 2014 betreiben hier die Geschwister Stanislav, Lucie und Tereza Bíza eine Bio-Lavendelfarm, die seitdem kontinuierlich angewachsen ist. Waren zu Beginn 40.000, so sind heute 90.000 Lavendelpflanzen zu bestaunen. Die beste Zeit für deinen Ausflug hierher ist natürlich der Sommer, wenn sie zwischen Juni und Juli in voller Blüte stehen.
In Starovičky werden vornehmlich zwei Sorten Lavendel angebaut. Medizinischer Lavendel, der für die Zubereitung von Sirup, Limonaden oder Desserts verwendet wird. Und Lavandin Grosso, der für Kosmetika, als Badezusatz, zur Zierde oder als Duftspender eingesetzt wird. In Starovičky verwendet man keine Chemie, der Lavendel wird schonend verarbeitet.
Lavendel aus Mähren ist der Hotspot der Region und entsprechend gut besucht. Vorsicht: Du parkst auf einem eigenen Parkplatz, der für die täglich bis zu zweitausend Besucher errichtet wurde. Das Parken ist gebührenpflichtig. Vom Parkplatz gehst du über Wiesen, Obstgärten und Weinberge (Sonnenschutz zu empfehlen) zu den Lavendelfeldern. Schon am Weg dorthin gibt es mobile Stände, bei denen du Südmährischen Wein verkosten kannst.
Am Eingang zu den Feldern zahlst du dann deine Eintrittskarte. Und du nimmst dir, so du selbst Lavendel ernten möchtest, gegen eine kleine Gebühr einen der schönen Weidenkörbe, die dort bereitstehen. Am Gelände gibt es selbstverständlich auch einen Laden. Der zeigt, wie vielseitig der wohlriechende Lavendel verwendbar ist. Hier kannst du Lavendelseife, Lavendelpölster, Lavendelkosmetik, Lavendelsirup, Lavendelkerzen kaufen.
Und in einer gemütliche Café-Ecke werden neben Snacks Lavendelkaffee, die selbstentwickelt Lavendellimonade, Lavendeleis, Lavendelschokolade und Lavendel-Tonic angeboten. Alles schmeckt nach Sommer. Und alles hier duftet nach Lavendel. Schnell wird klar, warum die Pflanze im Mittelalter als Aphrodisiakum galt. Denn das Aromaöl des Lavendels verbreitet eine Atmosphäre von Entspannung und Besinnlichkeit.
Zur Perfektionierung des live-Erlebnisses Lavendelblüte haben die Betreiber weißlackierte Gartenbänke malerisch vor den Feldern platziert. Auf einer Schaukel kannst du förmlich Richtung Pálava fliegen. Oder dich auf Liegestühlen mit Panoramablick niederlassen. Überall findest du ideale Fotolocations, wie Riesenbilderrahmen oder einen lila Holztraktor. Kinder, Hunde, einfach alle Besucher fühlen sich hier sichtlich wohl.
Für das Land zwischen Alpen und Karpaten ebenso ungewöhnlich wie weite Lavendelfelder erscheinen große Mandelplantagen. Solche findest du ebenfalls in der Nähe des Weinbauorts Hustopeče (Auspitz) Auffallend ist die moderne Kirche der Gemeinde. Der Turm der alten Kirche stürzte 1961 ein, worauf die Kommunisten sie gleich ganz abreißen und eine neue erbauen ließen.
Direkt am Ort führt die Autobahn Berlin-Prag-Preßburg-Budapest-Belgrad, die sogenannte Mitteleuropäische Diagonale, vorbei. Mit ihrem Bau wurde in den 1970er Jahren begonnen. Man gab ihr damals den Beinamen Sozialistische Autobahn, da sie kommunistisch regierte Staaten miteinander verbinden sollte.
Betreiber der Mandelgärten ist die Firma Mandlarna (Mandelmanufaktur). Der Zutritt zu den Gärten ist ganzjährig gratis möglich. Größter Andrang ist naturgemäß bei der Frühjahrsblüte. Über die Mandlarna-Facebook-Seite erfährst Du, wann die Bäume blühen. Meist ist das bereits in der zweiten März-Hälfte der Fall. Dann heißt es schnell sein, denn die Blütezeit ist kurz. Die Mandelbäume gehören zu den ersten Bäumen, die im Frühjahr austreiben. Es ist ein Erlebnis unter den blühenden Bäumen, die in strahlend hellem Rosé leuchten, zu spazieren. Auch später im Jahr lohnt sich ein Besuch der schön gelegenen Baumzeilen, um die Früchte zu bestaunen und den Obstgarten-Zauber zu erleben.
Wusstest du, dass die Mandel eine Verwandte von Pfirsich und Zwetschge ist? Bei diesen isst man nur das Fruchtfleisch. Bei der Mandel ist es umgekehrt. Das zähe Fruchtfleisch bildet die Schutzhülle um den schmackhaften Kern. Um zu den Mandelgärten zu kommen, parkst du am besten beim Parkoviště hřbitov (Friedhof) direkt in Hustopeče bzw. am Parkoviště pod rozhlednou (Achtung: noch weniger Parkplätze als beim Friedhof). Auch im Ort selbst, zum Beíspiel in der Šafaříkova Straße, findest du Parkplätze. Bis zu den Mandelbaumgärten (Mandloňové sady, Arboretum) und der dazugehörigen Aussichtwarte (Rozhledna Hustopeče) gehst du etwa zwanzig Minuten sanft bergauf.
Achthundertfünfzig Mandelbäume gibt es hier in den Gärten. Um die Bäume von oben bewundern zu können, wurde eine Aussichtswarte errichtet.
Bereits im 17. Jahrhundert legte man im pannonischen Südmähren Mandelplantagen an. Denn die Mandel ist erstaunlicherweise eine Urfrucht der pannonischen Klimaregion. In Österreich findest du sie zum Beispiel entlang des Schilfgürtels zwischen Rust und Mörbisch am Neusiedler See.
In den 1940er-Jahren knüpften die Tschechen an die regionale Tradition des Mandelanbaus an und pflanzten in industriellem Format. Die jetzigen, kleineren, Anlagen sind eine Hinterlassenschaft dieser Zeit. Seit 2010 blühen die Gärten, dank EU-Geldern, im wahrsten Sinn des Wortes wieder auf.
Um Mandellikör (Mandlovka), Mandelkaffee, Mandellimonade und selbstverständlich Mandeldesserts zu verkosten, gibt es in der Ortsmitte von Hustopeče das täglich geöffnete Mandel-Café. Aufgrund seines Erfolgs gibt es schon Dependancen in Prag und Brünn.
Ein Besuch der Lavendelfelder und Mandelgärten um Hustopeče lässt sich ideal mit einem der zahlreichen attraktiven Ausflugsziele der Umgebung verbinden:
Östlich der Mandelgärten liegt Kurdejov, auf deutsch Gurdau, mit einer mittelalterlichen Kirchenburg, die der Deutsche Orden im 14. Jahrhundert errichtete. Sie ist Johannes dem Täufer geweiht. Eine Wehrkirche, wie du sie vielleicht von der Wehrkirchenstraße Bucklige Welt oder St. Michael in der Wachau kennst. Der Charakter der Gurdauer Wehrkirche hat sich eindrucksvoll erhalten. Die Kirche ist von einer massiven Mauer mit Schießscharten umgeben. Du kannst auch auf einen alten Wehrgang hinaufgehen. Das schöne gotische Innere, frisch renoviert, ist meist geöffnet.
Südlich von Hustopeče liegen die sogenannten Blauen Berge (Modré hory). Wie überall in der Mährischen Slowakei (Slovácko) findest du hier Aussichtswarten, von denen aus du das sanft gewellte Land aus der Vogelperspektive genießen kannst. Highlight: Die Aussichtsplattform Über den Weinbergen (Stezka nad vinohrady) bei Kobels (Kobylí). Vom Parkplatz Parkoviště Kobylí vrch gehst du circa eine Viertelstunde zu der kreisförmigen, sanft ansteigenden Rampe und genießt barrierefrei den Rundumblick auf die Weingärten. Für besonders klare Tage hat man auch angeschrieben, in welcher Richtung der Schneeberg zu sehen ist. Die schicke, vom Büro Keeo4design entworfene, Warte zählt für das renommierte Forbes-Magazin zu den schönsten modernen Aussichtswarten Tschechiens.
Östlich von Hustopeče, rund um Gaya (Kyjov), ist die Landschaft besonders malerisch. Touristiker verliehen der Gegend, die zum Boleradice-Hochland gehört, den Namen Mährische Toskana. Wie in Mittelitalien verzaubert die Gegend mit ihren flachwelligen Formen, weitem Horizont und Wein. Marillen, die es hier in Hülle und Fülle gibt, kannst du bei privaten Anbietern kaufen. Für Fotofreaks werden Fotoworkshops Mährische Toskana veranstaltet. Im Vrbas-Museum in Steinitz (Ždánice), untergebracht im Keller eines Renaissanceschlosses, erinnert man an die Windmühlen der Mährischen Slowakei, General Laudon (der von Fix Laudon!) und die Napoleonischen Kriege.
Bauliches Highlight der Mährischen Toskana ist Schloss Milotitz (Milotice). Wenn du nach so viel Natur Lust auf Kultur-Abwechslung hast, so empfehle ich dir dessen Besuch. Hier versteht man sofort, weshalb wir beim Wort Südmähren Bilder einer blühenden und fruchtbaren Landschaft vor unserem geistigen Auge sehen.
Den Schlosspark mit seinen Pfauen, der Orangerie, dem Englischen Garten und der Gärtnerei, die Raritäten anzubieten hat, wirst du sofort ins Herz schließen. Lavendel verströmt auch hier seinen beruhigenden Duft und rundum blüht der Wein. Anton Zinner, der Gestalter des Belvedere-Gartens, hat auch diese Wohlfühloase entworfen.
Hinreißender Mittelpunkt des Schlosses ist der Freskensaal, 1725 im Auftrag der damaligen Besitzer, der Grafenfamilie Serényi entstanden. Seine Deckenmalerei zeigt allegorisch die Verherrlichung des Hauses Habsburg und der Serényis, die in den Kriegen gegen die Osmanen erfolgreich waren. Die Serényis verbargen ihre Verdienste nicht. So wie Südmähren seinen natürlichen Reichtum nicht versteckt. Sondern ihn freizügig und einladend in Weingärten, Lavendelfeldern, Obstplantagen und Föhrenwäldern ausbreitet.
In Tschechien, einhundert (großteils Autobahn-) Kilometer nördlich von Wien, liegen in ihren Dimensionen beindruckende Lavendelfelder. Eine Augenweide von beruhigender und sommerlicher Ausstrahlung mit Panoramablick. In der berühmten Wein- und Obstregion Südmähren gibt es auch eine Mandelplantage. Unzählige Aussichtswarten laden zum Blick über die Landschaft ein, die in ihren sanft gewellten Formen an die Toskana erinnert.
Lust auf noch mehr Schätze gleich hinter der Grenze?
Alle Teile unserer Grenzgänger-Serie findest du hier
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Mehr InformationenEinreise: Personalausweis (oder Pass) mitnehmen.
Tschechische Währung: Tschechische Krone
Anreise mit dem Auto: eineinhalb Stunden von Wien über die A5, über Mikulov nach Starovičky.
Öffnungszeiten: Lavendel aus Mähren-Lavendelfelder Öffnungszeiten, Hinweise, Kontakt Lavendel aus Mähren (Levandule z Moravy) Die Lavendelblüte beginnt in der Regel gegen Ende Juni und endet Ende Juli / spätestens Anfang August. Schloss Milotice (Milotitz) Öffnungszeiten
Hotels: Hotel Weinberg/Vinohrad in Milotitz, Vinařský penzion André inmitten von Weinbergen mit Blick über die Landschaft, Modré hory, Hotel Lotrinský, Bukovansky mlyn, Vinařství Škrobák, Kyjovsky pivovar
Outdoor-Activities: Radstrecke Blaue Berge (Modré Hory), Outdoor-Activities in Hustopeče
Helden-Tipp:
Ideale Ausflugstage sind, aufgrund des großen Andrangs von Inlandstouristen, Werktage oder österreichische Feiertage, die nicht mit einem tschechischen zusammenfallen. Zum Beispiel Pfingstmontag oder Fronleichnam. Vermeide die tschechischen Feiertage Cyrill & Method 5. Juli und den Jan-Hus-Tag 6. Juli.
café wine bistro Dvorek Bořetice u Hustopečí in malerischer Lage
Mandel-Café,
Restaurant in den Blauen Bergen
Hotel Restaurant Lotrinský
Restaurant André
Café Konditorei Sonnentor
Holländische Windmühle Bukowann (Bukovany) mit Aussichtsturm, Keramik-Ausstellung und Restaurant
Vinařství Škrobák
Gasthaus-Brauerei Gaja (Kyjov) inklusive Bierbädern
Prostě burger Kyjov
Kräuterparadies (Bylinkový ráj) Sonnentor in Czeikowitz (Čejkovice), Mährische Toskana
Gastronomieguide Gourmet Südmähren
Weingüter (Vinařství):
Sonberk
Kraví hora/Kuhberg
Vajbar Zaječí
Gurdau mit Weinverkostungen und Fine dining
Krásná hora/Schönberg
Spielberg
Jaroslav Springer
Baraque
Beim Kapellerl/U Kapličky
Starý vrch/Alter Berg
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Der erfahrene Kulturjournalist (ehemals Bühne, Wien exklusiv, Stil Ikonen usw.) berichtet bei den Helden der Freizeit über Ausflugsziele rund um Wien, Ausstellungen und vieles mehr.