Die Helden der Freizeit haben ihre liebsten Ohrwürmer ausgegraben. Von diesen Musikalben kann man uns nur mit dem Stemmeisen trennen.
Stell dir vor, du dürftest nur ein einziges Musikalbum auf eine einsame Insel mitnehmen. Welche Scheibe wäre das? Die Helden der Freizeit haben sich diese Frage gestellt und ihre dicksten Ohrwürmer ausgegraben. Das sind sie also – unsere Helden der Helden:
The National – Boxer
von Pat Man
Jedes Jahr im Herbst kommt es wieder auf den jeweiligen portablen Musikplayer – “Boxer”, das (für mich) Magnum Opus von The National. Eine Platte, die zu den kälteren Jahreszeiten passt wie die reflektierenden Lichter in die Regenpfützen der Straßen Wiens oder damals noch von Graz. The National machen melancholische Musik, oft rockig, aber meist ruhig und erhaben – getragen vom rauen Bariton von Sänger Matt Berninger, dem dynamischen Schlagzeug und herrlich ausgefuchsten Texten.
“Turn the light out say goodnight, no thinking for a little while. Let’s not try to figure out everything at once.” (Fake Empire)
Es ist eines jener Alben, die ich von vorne bis hinten großartig finde: Angefangen bei “Fake Empire”, das sich von einer einsamen Klaviermelodie, über Gesang, Bass, Gitarren und Bläser zu einem fulminanten Finale steigert, über das schön rockige “Mistaken for Strangers”, dem stampfenden “Squalor Victoria”, das großteils durch seine marschierenden Drums getragen wird, bis hin zu eleganten Balladen wie “Start A War”, das auch wie beiläufig in einer Tschumsn gespielt wunderbar funktioniert.
Ein Album, mit dem man zwar nicht feiern, aber unheimlich gut durch die Nacht spazieren kann.
Tipp: Die Mockumentary Mistaken for Strangers ist absolut sehenswert. Filmemacher Tom Berninger (den Bruder von Sänger Matt) geht darin als Crewmitarbeiter mit der Band auf Tour. Was folgt sind nicht nur einige energiegeladene Live-Auftritte, sondern vor allem Reflexionen über Erfolg, Bruderliebe, das Tourgeschäft und Selbstverwirklichung. Und außerdem bekommt man Lust, auf ein Konzert der Band zu gehen. Ich hoffe ja auf ein baldiges neues Album mit angeschlossener Tour, denn es ist schon wieder viel zu lange her, als sich Matt Berninger 2014 singend durch das gesamte Publikum der Arena Wien gekämpft hat.
Grönemeyer – Live
von Kla Linea
Wenn der knödelige Herbert singt, schießen bei mir die (Glücks-)Gefühle ein. Das Album Grönemeyer Live, erschienen im Oktober 1995, hat Live-Aufnahmen der „Chaos-Tournee“ 1993/94 und natürlich alle Klassiker von “Bochum”, “Männer”, “Flugzeuge im Bauch”, “Kinder an die Macht” … drauf. Und obwohl Herbert Grönemeyer schon richtig lange dabei ist, ist er absolut zeitlos.
Als ich die CD zum 18. Geburtstag geschenkt bekommen habe, lange ist’s her, war ich in meiner Klasse so ziemlich die einzige, die den Herbert gut fand. War mir egal, was wissen die anderen schon. Herausforderung sind immer wieder die Texte, nicht nur auf der Live-CD. Denn obwohl Grönemeyer deutsch singt, muss man genau hinhören. Einige auf dem Live-Album habe ich erst Jahre später entschlüsselt. Macht nix. Denn genau darum geht’s. Die Lieder sind so zeitlos, dass man auch zwei Jahrzehnte später immer wieder Neues entdecken kann.
Tipp: Unbedingt mal auf ein Konzert gehen. Fast alle Fans kennen die Texte auswendig und singen gerne und viel mit. Und der Herbert? Ja, der liefert trotz seiner 60. Jahre eine verdammt gute Show. In einem Interview hat er mal gesagt: Er findet, dass er ein ganz dufter Typ ist. Wäre nicht ganz meine Wortwahl, aber wenn er auf der Bühne loslegt, dann kann man ihm eigentlich nur recht geben.
Ol’ Dirty Bastard – Return to the 36 Chambers, the dirty version
von Anaking
Ja, sehr dreckig, aber wahrlich kein Dreck. Die Debütscheibe des wohl schrägsten Wu-Tang-Members ist bis heute meine Nummer 1. Mein Favorit: „The Stomp“, gefolgt von „Baby C’mon“ und „Shimmy Shimmy“.
Schon das Cover mit einer ID für Food-Coupons samt Unterschrift und Konterfei des alten dreckigen Bastard ist genauso herrlich politisch unkorrekt, wie fast jede seiner Reimzeilen. Obszön, viel Machogehabe und trotzdem überhaupt nicht seicht, wie platter Gangsta-Rap.
Rap wie pornografische Kunst
Ol’ Dirtys Hardcore-Hip-Hop ist ein bisserl wie pornografische Kunst in einer Ausstellung. Und einfach mit nichts zu vergleichen. Sein bizarrer, origineller Drunken-Style, sein Mix aus verschiedenen Musikstilen – viel Genie, viel Drogen. Mit dem logischen Ende: Tod an Herzversagen wegen eines Koks- und Schmerzmittelcocktails 2004. Was blieb? 13 Kinder, mindestens so viele Pseudonyme. Und eines der einzigartigsten Alben der Rap-Geschichte. Natürlich auch ein Auftritt in der Wiener Arena, den ich wegen seiner Absurdität nie vergessen werde. Aber das ist eine andere Geschichte.
Dr. Dre, Snoop, Eminem, Ice Cube – The Up In Smoke Tour
von Chriddler
Und gleich nochmal Hip Hop. Nur diesmal die andere “Coast” der USA. Nochmal Hip Hop? Ja, denn zu der Zeit kam kaum etwas Besseres über den großen Teich.
“Still taking my time to perfect the beat”
Streng genommen ist meine Lieblingsplatte eigentlich ein Videoalbum. Die DVD eines Konzerts der “Up in Smoke Tour”. Dort traf das Who-is-Who des Westcoast-Raps und Nachfolgern bzw. Überbleibseln der legendären N.W.A. zusammen. Scheißdrauftypen wie Snoop Dogg oder der geniale Xzibit mit seiner aggressiven Stimme. Das Weißbrot Eminem, der nicht nur wegen seiner Hautfarbe, sondern auch wegen seines schnellen Raps aus dem typischen Bild eines (bekifften) Gangsta-Rappers rausfiel. Allen voran aber Dr. Dre, ohne dessen Beats die anderen wohl nichts gewesen wären.
Neben den Live-Auftritten bekommt man auf der DVD Einblicke hinter die Kulissen. Man merkt, wieviel Spaß sie bei den Konzerten hatten. Und das schlägt sich auch auf die Auftritte nieder. Die typischen F-, N-, B- und S-Wörter im Sekundentakt machten die Raps auf MTV fast unspielbar. “Bitch Please”, “Still D.R.E.” oder “Forget About Dre” – wahrscheinlich mit die größten Rap-Songs, die zeigen, wie wichtig Dre damals war. Ihm ist es auch zu verdanken, dass diese Zeit zur Hochzeit des amerikanischen Hip Hops wurde. Danach wurde es schnell still. Dr. Dre verkauft heute Kopfhörer. Snoop macht auf Selbstfindung. Und Eminem einfach nur Lärm.
Nirvana – From the Muddy Banks of the Wishkaw
von Batmanuel
Bis ich mit elf Jahren quasi größter Nirvana-Fan aller Zeiten wurde, war ich musikalisch gesehen höchstens in Kontakt mit Ö3 und der Autoradio-Musik meiner Eltern a la Lionel Richie, Herbert Grönemeyer und Stevie Wonder. Ok, auch nicht schlecht, aber irgendwie hörte das halt ein jeder. Doch dann bekam mein Vater von Nirvana „Unplugged in New York“ zum Geburtstag geschenkt und legte die CD nach einmal hören in die Ecke – dafür spielte ich den Longplayer ab dem Zeitpunkt rauf und runter.
Kurz darauf erschien „From the Muddy Banks of the Wishkaw“ – die erste CD, die ich mir kaufte. Schon alleine wegen dieser Erinnerungen gehört das Album zu meinen Favorites. Außerdem wurde ich durch die CD zu einem extremen Rockfan, und das bis heute. „From the Muddy Banks of the Wishkaw“ ist schuld daran, dass ich heute von so vielen Bands Fan bin.
Totproduzierte Songs leben länger
Wer sich heute einen Live-Mitschnitt anhört, wird meistens von glattgebügelten Aufnahmen mit Publikumsgeräuschen im Hintergrund enttäuscht. Deshalb ist „From the Muddy Banks of the Wishkaw“ für mich auch eines der wenigen richtigen Live-Alben, bei denen man sich beim Hören hautnah vor der Bühne wähnt. Während Songs wie „Smells Like Teen Spirit“ oder „Lithium“ auf den Originalaufnahmen irgendwie totproduziert klingen, preschen die Nummern auf dem Live-Album richtig nach vorne.
Daft punk – Random Access Memories
von Chrambo
Das beste Album gibt es für mich nicht. Dafür tummeln sich einfach zu viele gute Musiker auf der Welt. Müsste ich einen Favoriten nennen, dann am ehesten eine Platte von Daft Punk.
Die Gruppe wurde 1993 gegründet und bereits 1995 hatten sie mit dem Ohrwurm “Da Funk” und einem skurrilem Hundemaske-Video ihren ersten internationalen Hit. Der weltweite Durchbruch gelang ihnen mit der Hitsingle “Around the world”.
Voll begeistern konnte mich das französische House Duo mit ihrem letzten Werk “Random Access Memories”. Diesem Studioalbum gelingt es wie kaum einem anderen, von Anfang bis zum Ende auf hohem Niveau zu überzeugen. Für diese Scheibe bekamen sie unzählige Auszeichnungen und belegten in diversen Ländern die Poleposition. Album besorgen und reinhören!
Pink Floyd- The Dark Side Of The Moon
von Lord Volumore
Es war Liebe auf den ersten Klang. Vom besten Freund einmal empfohlen, wurde dieses Pink Floyd-Album danach nie wieder losgelassen. Mit dem Drücken der Play-Taste lädt dich The Dark Side Of The Moon auf eine Reise ein, der man nicht widerstehen kann.
Den britischen Rock-Legenden ist ein absoluter Meilenstein der modernen Musikgeschichte gelungen. Sowohl in der Produktion, als auch vom gesamten Arrangement. Jeder Titel geht fließend in den nächsten über.
Was mich besonders an dieser Scheibe fasziniert ist das Zusammenspiel von Melodie, Text und Artwork des Covers – das ist meiner Meinung nach keiner andere Band zuvor oder danach so gut gelungen. Warum ich so sehr auf diese Band abfahre, könnt ihr hier nachlesen.
Garbage – Garbage
von Räuber Wurschtiplotz
1995 erschien Garbage von der gleichnamigen Alternative-Rock Band Garbage – wahrlich kein Müll! Mir hat der brachial geniale Sound mit der unverkennbaren Stimme von Leadsängerin Shirely Manson auf Anhieb gefallen.
Es ist ein Album, bei dem jeder – ja wirklich jeder – Song absolut Single-tauglich ist und stark an Nirvana erinnert. Mehr als 20 Jahre danach höre ich mir immer noch gerne die CD an. Es lebe der Grunge!